WORT ZUM SONNTAG
25.10.2024 Wort zum SonntagNeuanfangen – Last oder Lust?
Am 1.September war es so weit: Ein beruflicher Neuanfang in der evangelischen Pfarrgemeinde in Gröbming und Öblarn. Nach elf Jahren im lutherischen Thüringen und 15 Jahren in der Landeshauptstadt Graz stand ich nun wieder am ...
Neuanfangen – Last oder Lust?
Am 1.September war es so weit: Ein beruflicher Neuanfang in der evangelischen Pfarrgemeinde in Gröbming und Öblarn. Nach elf Jahren im lutherischen Thüringen und 15 Jahren in der Landeshauptstadt Graz stand ich nun wieder am Anfang: Am Anfang einer neuen Amtsperiode, am Anfang in einer neuen Pfarrgemeinde, am Anfang in einer neuen Marktgemeinde. Ein befreiendes und erhebendes Gefühl!
Es hat sich so angefühlt, wie Herrmann Hesse es poetisch formuliert hat: „Jedem Anfang wohnt ein Zauber inne.“ Der Zauber der neuen Namen und Gesichter! Der Zauber einer neuen Wahlheimat! Der Zauber eines Neuanfangs inmitten der imposanten Berge. So ähnlich stelle ich mir auch den wunderhaften Anfang der Schöpfung vor: „Am Anfang schuf Gott Himmel und Erde“ (1.Mose 1,1). Nicht eine Schöpfung aus dem Nichts, sondern eine Schöpfung aus der Liebe Gottes. Denn jeder Anfang ist auch Dialog auf unserer geliebten Erde: „Am Anfang war das Wort. Und das Wort war bei Gott“ (Johannes 1,1). Hatte doch der Anfang des Dialogs seinen Ursprung nicht erst mit Sokrates, sondern bereits mit der hebräischen Bibel. Leben ist von Anfang an Dialog. Aber jeder Anfang ist gefährdet. Jeder Anfang oder Neuanfang braucht Freunde und Freundinnen. Denn jeder Anfang ist auch herausfordernd und erfordert viel Energie. Jeder Anfang ist Lust und Last zu gleich. Deswegen sagte Jesus seinen Zeitgenossen: „Kommt zu mir! Alle, die ihr am Ende seid, abgearbeitet und mutlos: Ich will euch Erholung und neue Kraft schenken.“ Wir alle können mit Gottes Hilfe die Vergangenheit annehmen und in der Gegenwart neu anfangen. Jeden Tag neu! So wie ich es selbst einmal poetisch formuliert habe:
„Am Anfang war die Lust,
die Leidenschaft, der Eifer,
Wie ein sprudelnder Gebirgsbach,
Leben wie im Fluss.
Dann, urplötzlich, ein Gedanke,
eine Stimme,
mehr von außen als von innen:
Wo ist die Frucht?
Wo ist das Ergebnis,
wo der Erfolg?
Ratlosigkeit schleicht sich heran,
Suchen und Fragen ohne Ende,
verirrt wie im unbekannten
Wald, gefangen in den eigenen
Gedanken:
Wo ist der Weg?
Wo die Orientierung?
Aufgescheucht wie ein scheues
Reh, immer tiefer in den
dunklen Wald,
entdeckend ein Bächlein
voller Ruhe und Stille,
voller Geborgenheit und Wärme,
zugleich kühlend und
erfrischend die Luft, die atmen lässt.
Ein Ort, einladend zum Verweilen,
eine Zeit zum Erkennen:
Zu seiner Zeit!
Alles zu seiner Zeit!
Dann kommt die Frucht,
und das ist gut so:
Kraft aus Geduld!
Frucht aus Beharrlichkeit!
Hoffnung aus Glauben!
Das tut mir gut
Und befreit
Und verleiht
Tiefe Wurzeln
In Seinem Wort
In Seinem Geist
In Seiner tiefen Liebe.
Nicht alles wird gut,
aber zu seiner Zeit
gerät es wohl.“
So wünsche ich Ihnen, liebe Leser/innen, dass Gottes Liebe – wie der Morgentau die Erde – Sie jeden Tag neu erfrischt und belebt. Jeden Morgen neu mit neuer Lust auf den neuen Tag!
Ihr Pfarrer
Lic. Theol. André Manke