Zwischen traditionellen Ritualen und modernem Trubel
29.11.2024 Junges EnnstalMehr Kaufrausch als Kerzenglanz, mehr Terminhetze als Besinnlichkeit – die Vorweihnachtszeit hat sich vom ursprünglichen christlichen Sinn weit entfernt. Dabei sehnen sich viele nach Ruhe und Licht in dunkler Jahreszeit.
Mehr Kaufrausch als Kerzenglanz, mehr Terminhetze als Besinnlichkeit – die Vorweihnachtszeit hat sich vom ursprünglichen christlichen Sinn weit entfernt. Dabei sehnen sich viele nach Ruhe und Licht in dunkler Jahreszeit.
Häuser, Bäume und Einkaufsstraßen sind meist schon vor dem 1. Advent mit Lichterketten behängt. Da klettern riesige leuchtende Weihnachtsmänner an Kaminen hoch, bunte Lichterschlangen und blinkende Rentiere strahlen die ganze Nacht, nicht immer zur Freude der Nachbarn. „Advent? Schon fast wieder Weihnachten? Dann gibt es viel zu tun“, denkt mancher, auch wenn er keine Lichtorgel in seinem Garten installieren will. Denn der Advent ist eine ganz besondere, eine ausgefallene Jahreszeit, an die sich viele Rituale und sehr unterschiedliche Erwartungen knüpfen.
Früher wurde im Advent gefastet
Der Begriff „Advent“ stammt vom lateinischen adventus und bedeutet „Ankunft“. Für Christen ist es die Zeit der Vorbereitung auf die Geburt von Jesus Christus. Bereits seit dem 4. Jahrhundert wurde diese Phase als Fasten- und Bußzeit begangen. Doch auch vom Fasten sind viele in der Adventund Weihnachtszeit weit entfernt, und das sieht man nicht nur beim großen Schlemmen auf dem Weihnachtsmarkt. Meist schon im September bieten die Geschäfte Lebkuchen, Stollen, Spekulatius, Printen, Zimtsterne und all die anderen würzigen Gebäcksorten an, zu Weihnachten ist oft schon vieles vergriffen.
Viele sehnen sich durchaus nach Ruhe und Besinnung im Advent. Tatsächlich aber fühlen sich etliche gehetzt: Da eilen sie von einer vorgezogenen Weihnachtsfeier zur nächsten, machen sich Gedanken, wo in diesem Jahr der Weihnachtsbaum gekauft wird, obdie elektrische Lichterkette noch funktioniert oder ob es echte Kerzen sein sollen. Sie jagen im Vorweihnachtstrubel nach Geschenken für Freunde und Verwandte, von denen nach Weihnachten etliche wieder umgetauscht werden, wie man aus Erfahrung weiß. Und die einen oder anderen diskutieren jedes Jahr aufs Neue mit ihren Familien, wer wen wann und wie lange an den Feiertagen besucht und natürlich auch, was es denn diesmal zu essen geben soll.
Rituale im Advent, die verbinden
Die Adventzeit wird von einigen Bräuchen begleitet, wie zum Beispiel dem Adventkalender, der auf den im 19. Jahrhundert entstandenen Brauch des Abzählens der Tage bis zum Weihnachtsfest zurückgeht. Insbesondere Kinder erfreuen sich an diesem Brauch, wobei es einen Unterschied zwischen den Adventskalendern mit 24 Türchen und den liturgischen gibt, denn diese beginnen am 1. Advent und gehen bis zum 6. Jänner.
Ein weiteres Merkmal der Adventzeit ist der aus Reisig gebundene Adventkranz mit seinen vier Kerzen, die nacheinander an den vier Adventsonntagen angezündet werden. Der evangelische Theologe Johann Hinrich Wichern ließ 1839 erstmals einen Leuchter mit 23 Kerzen aufhängen und fand so auch in die katholische Kirche Eingang. Traditionell werden die Kerzen am Kranz in den liturgischen Farben violett und rosa gehalten, doch moderne Kränze bieten nicht nur unterschiedliche Materialien an, sondern auch Farbenfrohheit.
Das Adventkranzbinden stellt in vielen Pfarren noch ein traditionelles Zusammenfinden dar, wobei auch hier der Markt seine Möglichkeit erkannte und Kränze auch in Supermärkten erworben werden können.
In vielen Fenstern stehen in der Adventzeit auch Lichterbögen, die auf eine alte Bergarbeitertradition zurückgehen und in der dunklen Jahreszeit die Sehnsucht der Bergleute nach Sonnenlicht zum Ausdruck brachte.
Im Ennstal wird mit Beginn der Adventzeit das Kletzenbrot gebacken, das dann an den Adventsonntagen aufgeschnitten wird. Aber nicht nur Kletzenbrot wird gebacken, sondern auch Kekse und Mehlspeisen für Weihnachten.
Simone Prüggler