Wohnraum-Debatte spaltet Gemeinderat
22.11.2024 RegionalesSchladming beschließt die Verschiebung der Siedlungsgrenzen für den Bau von Reihenhäusern. Einen Schlagabtausch zu den Flechlgründen gab es eine Woche später. Zwei Projekte einmal links, einmal rechts des Tales mit vertauschten Rollen beim Abstimmungsverhalten ...
Schladming beschließt die Verschiebung der Siedlungsgrenzen für den Bau von Reihenhäusern. Einen Schlagabtausch zu den Flechlgründen gab es eine Woche später. Zwei Projekte einmal links, einmal rechts des Tales mit vertauschten Rollen beim Abstimmungsverhalten der Fraktionen.
Zwei Projekte, die dasselbe Ziel verfolgen, haben konträre Ansichten in den Fraktionen des Schladminger Gemeinderats. Worum geht‘s? Die Schaffung von (leistbarem) Wohnraum. In den vergangenen zwei Wochen fanden dazu zwei Gemeinderatssitzungen statt. Aufgrund eines fraktionsübergreifenden Antrags (ÖVP, SPÖ, FPÖ und die freien Gemeinderäte rund um Hans-Moritz Pott) wurde am Mittwoch, dem 6. November, eine zusätzliche Gemeinderatssitzung einberufen. Ein Bauansuchen für 24 Doppelhäuser (48 Wohneinheiten) nördlich der Kreuzung Leitenstraße/Ramsauerstraße benötigt die Umwidmung von Freiland in Bauland. Dazu müssten auch die absoluten Siedlungsgrenzen verschoben werden.
Grünes Licht im zweiten Versuch
Im Februar fand diese erforderliche Änderung des Örtlichen Entwicklungskonzeptes (ÖEK) keine Mehrheit im Gemeinderat. Schon damals setzten sich die ÖVP und die Gemeinderäte um Hans-Moritz Pott für das Projekt ein. Der Projektwerber verspricht mittels Verträgen, Immobilienspekulation auszuschließen und Wohnraum nur für Einheimische zu schaffen. Aus Sicht des Raumplaners Günter Reissner widerspricht eine Verschiebung der Grenzen dem Örtlichen Entwicklungsplan und dem Regionalen Entwicklungsprogramm Liezen (Repro). Nichtsdestotrotz gab es vergangene Woche einen zweiten Versuch. Während es von Seiten der Liste Schladming Neu hieß, dass das Projekt im Bauausschuss zu behandeln sei, drängten die Fürsprecher auf eine Entscheidung hinsichtlich Verlegung der Siedlungsgrenzen. Letztendlich entschied der Gemeinderat – ohne den Stimmen der Liste Schladming Neu –, die Umwidmung einzuleiten.
Zu billig oder zu teuer?
Nur eine Woche später, am 13. November, fand die reguläre Gemeinderatssitzung statt. Ein Tagesordnungspunkt behandelte wiederum die Schaffung von Wohnraum für Einheimische. Mit Ausnahme von SPÖ und FPÖ zeigten sich beim Abstimmungsverhalten allerdings vertauschte Rollen. Die Entwicklung der Flechlgründe begleitet das Ortsparlament schon seit dem Kauf vor drei Jahren. Nun sollten 5500 m² des 2,2 Hektar großen Grundstücks an die Ennstaler und Rottenmanner Siedlungsgenossenschaften verkauft werden. Ehe es zur Abstimmung, kam ergriff Gemeinderat Herbert Steiner das Wort. Er war sich nicht sicher, ob der Preis von 413 Euro/ m2 zu billig oder zu teuer sei. Damit könne man einerseits kein leistbares Wohnen schaffen, andererseites liege der Marktpreis weit darüber. Er stellte in den Raum, ob nicht die Gemeinde selbst als Bauträger auftreten solle anstatt der Siedlungsgenossenschaften. Dann hätte man die Mietpreise selbst in der Hand. Daraufhin platzte Gemeinderätin Brigitte Pürcher (LSN) der Kragen: „Es pressiert und ihr probiert es wieder zu verhindern. Es geht euch nur ums Hinauszögern.“ Danach entfachte sich ein Schlagabtausch zwischen den Fraktionen. Hans-Moritz Pott warf Bürgermeister Trinker zum wiederholten Mal eine schlechte Vorbereitung vor. Er sprach von einer „Verschleuderung von Volksvermögen“. Außerdem müsse die Bebauungsdichte voll ausgenützt werden, damit die Wohnungen günstiger würden. „Danke, Herr Behauptungsanwalt“, quittierte Hermann Trinker die Ausführungen. „Es ist unglaublich, wie man sich immer widersprechen kann und Dinge vermischt und verdreht.“ Er ortete eine Blockadepolitik seitens der ÖVP und Hans-Moritz Pott.
„Vorläufiges Nein“
Zur Enttäuschung der Bürgermeisterpartei konnte die erforderliche Zweidrittel-Mehrheit ohne die Stimmen der Volkspartei sowie der Gefolgschaft von Hans-Moritz Pott nicht erreicht werden. „Ich frage mich, wieso ihr Franz Schaffer (Fraktionssprecher der ÖVP, Anm.) in den Ausschuss schickt, für ihn alles passt, und ihr dann dagegen stimmt“, ärgerte sich Trinker. „Eine schöne Intrige ist euch da gelungen.“
Es handle sich um ein „vorläufiges Nein der Volkspartei“, erklärte ÖVP-Stadtparteiobmann Lukas Seyfried im Gespräch mit dem „Ennstaler“. Zu 80 Prozent sei man sich einig, doch das Projekt sei noch nicht ganz ausgegoren. „Die Wohnungen dürfen nicht in ein paar Jahren zum Marktpreis verkauft werden, so wie es manche in der Seebachersiedlung versucht haben. Das passiert uns kein zweites Mal“, so Seyfried. Die Flechlgründe werden den Gemeinderat in den nächsten Monaten wohl noch intensiv beschäftigen.