Von der Not zur Marke
20.09.2024 RegionalesDie „Ennstaler Erdäpfel“ gibt es seit Generationen. Dahinter stehen viel Arbeit, Familienzusammenhalt und der ständige Kampf gegen die Launen der Natur.
Bereits gegen Ende des Zweiten Weltkrieges begann im Ennstal eine Erfolgsgeschichte, die ihren ...
Die „Ennstaler Erdäpfel“ gibt es seit Generationen. Dahinter stehen viel Arbeit, Familienzusammenhalt und der ständige Kampf gegen die Launen der Natur.
Bereits gegen Ende des Zweiten Weltkrieges begann im Ennstal eine Erfolgsgeschichte, die ihren Ursprung in der Not der damaligen Zeit fand.
Damals wurden Kartoffeln auf den Feldern angebaut, gedämpft und siliert, um als Schweinefutter zu dienen.
Diese Praxis setzte sich bis in die 1950er-Jahre fort, bevor sich der Fokus der Bauern auf die Saatgutvermehrung verlagerte. Die Preise diktierten den Erfolg, und es sollte noch einige Jahrzehnte dauern, bis eine markante Wende eintrat. In den 1990er-Jahren entstand die Marke „Ennstaler Erdäpfel“. Erst vor etwa zehn Jahren kam der große Durchbruch: Die Ennstaler Erdäpfel fanden ihren Weg in die Regale der regionalen Großmärkte und Spar-Märkte. Die Marke erlangte eine starke Präsenz, und der Erfolg der Bauern war spürbar. Doch die Idylle trügt. „Früher gab es von Ramsau bis zum Gesäuseeingang zahlreiche Erdäpfelbauern, übrig geblieben sind eine Handvoll“, erklärt Robert Schweiger, einer der letzten verbliebenen Kartoffelbauern im Ennstal.
Gemeinsam mit den Familien Gerl und Gindl bewirtschaftet er mit seiner Frau Elisabeth rund zehn Hektar Land. Synergien werden genutzt, die Maschinen zur Aussaat und Ernte sowie die Vermarktung werden geteilt.
Die Kunden reichen von Privatpersonen, die direkt am Hof einkaufen, bis hin zu Gastrobetrieben und Großmärkten. Mittlerweile sind die Produkte der drei Familien in allen Filialen der Landmarkt-Gruppe von Ramsau bis Landl vertreten. Der Schwoagahof wird inzwischen in vierter Generation geführt. „Schaffen kannst du die Arbeit nur als Familienbetrieb. Die Uroma schaut, dass das Essen am Tisch steht und managt zwischenzeitlich den Verkauf.
Wir kümmern uns mit den Kindern um die Ernte. Das ist ein Familienbetrieb mit mehreren Generationen, helfen muss jeder“, erzählen die Schweigers.
Anbau und Ernte
„Eine gute Ernte beginnt im Winter“, erzählt Robert Schweiger, der das Familienbetrieb mit viel Herzblut führt. Bereits im Herbst wird der Acker für den Anbau im Frühjahr vorbereitet. Nicht nur an die Kartoffel selbst werden enorme Anforderungen gestellt. Auch der Boden hat so einiges zu erfüllen, denn dieser ist das Fundament für die gesamte Saison. Das Saatgut wird im Herbst eingekauft, es stammt aus verschiedenen Regionen, darunter Niederösterreich, dem Murtal, Lungau und Holland. Die Aussaatmenge beträgt 2,5 Tonnen pro Hektar.
Der Anbau ist eine ständige Herausforderung, wie Schweiger betont. „Man ist abhängig vom Wetter – ob trocken, nass, kalt, Sturm, Hagel oder Abschwemmungen. Heuer war alles dabei.“ Die Kartoffeln werden vor dem Setzen vorgekeimt, indem man sie in einem warmen, hellen Raum bringt. Im Frühjahr, wenn die Gefahr von Spätfrösten gebannt ist, beginnt schließlich die Pflanzzeit.
Die Saaterdäpfel werden Ende April maschinell in den Boden gelegt. Moderne Maschinen erleichtern die Arbeit, die früher komplett von Hand erledigt wurde. Die Sommermonate sind dann geprägt von harter Arbeit. Unkraut muss entfernt und Schädlinge bekämpft werden. Die Kartoffel ist anspruchsvoll und benötigt ausreichend, aber nicht zu viel Wasser, um Fäulnis zu vermeiden.
Der Höhepunkt des Jahres ist die Erntezeit im Spätsommer oder frühen Herbst, wenn die Pflanzen welken und die Blätter gelb werden. Beim Ernten muss die gesamte Familie mithelfen. „Dann sehen wir, ob sich unsere Arbeit gelohnt hat“, sagt Elisabeth Schweiger.
Mit schweren Maschinen werden die Erdäpfel aus dem Boden geholt, danach folgen zwei Wochen Trocknung. Die händische Verlesung sorgt für die finale Auswahl.
Die Ernte beträgt durchschnittlich 30 Tonnen pro Hektar, zehn Prozent werden aussortiert und dienen als Futterkartoffeln. Bei Familie Schweiger werden die Erdäpfel im Keller gelagert. „Feuchtigkeit, Temperatur und Lüftung müssen passen“, erklärt Robert. Die Ennstaler Erdäpfel werden bald in den Küchen des Landes landen, als Püree, Bratkartoffeln oder einfach nur gekocht – ein Stück Heimat, das auf den Tellern der Menschen landet.
Herausforderungen und Perspektiven
Das Leben als Kartoffelbauer ist alles andere als einfach. Die klimatischen Veränderungen machen den Anbau immer schwieriger. Hochwasser, wie das verheerende von 2002, kann eine ganze Ernte vernichten.
„Am schlimmsten ist, wenn du am Roder oben stehst und es kommt nichts heraus“, erinnert sich Elisabeth Schweiger. Drei Mal wurden sie von Hochwasser getroffen, das sei niederschmetternd, wenn man bedenkt, wie viel Arbeit und Geld in den Anbau investiert werde.
Trotz der Herausforderungen bleibt die Nachfrage nach den regionalen Erdäpfeln hoch. „Früher waren wir eher Bittsteller, jetzt ist die Nachfrage groß“, sagt Robert Schweiger. Besonders der Kontakt zu den Kunden beim Hofverkauf ist den Bauern wichtig. Hier wird nicht nur verkauft, sondern auch Aufklärungsarbeit geleistet.
„Wir produzieren etwas, das gesund, qualitativ hochwertig und lagerfähig ist“, ist die Familie überzeugt.
So schließt sich der Kreis: Von der Saat bis zur Ernte, von der Not zur Marke – die Ennstaler Erdäpfel sind ein Stück Heimat.