„Klimaanpassung ist ein Schummelwort“
08.08.2025 RegionalesWie die Diskussion über den Klimawandel geführt wird, sei Teil des Problems, kritisiert Karin Hochegger. Begriffe sind zu abstrakt, nicht greifbar und treffen nicht zu.
Der Juli war kalt und verregnet. Viele fragen sich, ob das Klima tatsächlich ...
Wie die Diskussion über den Klimawandel geführt wird, sei Teil des Problems, kritisiert Karin Hochegger. Begriffe sind zu abstrakt, nicht greifbar und treffen nicht zu.
Der Juli war kalt und verregnet. Viele fragen sich, ob das Klima tatsächlich wärmer wird, oder alles nur Unfug ist?
„Der Alpenraum erwärmt sich sogar überdurchschnittlich schnell. Hier reden wir nicht mehr von der 1,5-Grad-Marke, sondern sind schon eher bei 3 Grad. Sichtbar ist dies jedoch nicht anhand des Wetters, sondern vielmehr anhand unserer Seen. Vergleicht man, wie lange der Altausseer See noch vor ein paar Jahrzehnten mit einer Eisdecke überzogen war und wie lange er es heute ist, erkennt man die drastische Veränderung sofort.“
Wie wird sich der Lebensraum im Ennstal weiter verändern?
„Das Gestein wird bröckeliger werden, wie auch der große Felssturz vor einigen Jahren in Pürgg zeigt. Die roten Zonen könnten sich ausdehnen, denn auch das Risiko von Hochwasser und Vermurungen wird steigen.“
Welche Hochwasserschutzmaßnahmen wären auf lange Sicht am wirkungsvollsten?
„Der große Irrgedanke ist, Wasser möglichst schnell aus dem Ennstal abzuleiten. Doch so verursacht es andernorts Probleme. Daher bräuchte es die richtigen Voraussetzungen, um das Wasser hierzubehalten, wo es langsam wieder abgegeben werden kann. Einst gab es dafür genügend natürliche Regulatoren, wie die Ennsauen und die Hochmoore, die Wasser aufnehmen, speichern und so auch Trockenperioden abfedern konnten.“
Wären Renaturierungsmaßnahmen ein möglicher Weg?
„Wir vom Naturschutzbund investieren viel Arbeit in die Wiederherstellung, doch es braucht trotzdem andere Denkmuster. Erst dann, wenn die Menschheit sich ihren Fehlern stellt, kann sie es wirklich schaffen, die Dinge zu verbessern. Ein bisschen mehr Demut im Umgang mit der Natur – das wäre wirklich ein Lösungsansatz.“
Ein relativ neues Konzept ist es, die Natur als juristische Person zu betrachten. Könnte dies ein erster Schritt im demütigen Umgang mit der Natur sein?
„Ja, denn diese gesetzliche Möglichkeit verleiht der Natur Rechte. Bei Flüssen wurde dies in einigen Ländern bereits durchgesetzt, wie etwa beim Whanganui-Fluss in Neuseeland. Er ist schon seit 2017 eine juristische Person, was ihn vor Schädigung bewahrt.“
Ist das auch in unserer Region vorstellbar?
„Im österreichischen Rechtssystem ist die Natur derzeit noch eine Sache, doch ich hoffe sehr, dass dies bald geändert wird. Selbst wenn es momentan für viele vielleicht schwer vorstellbar sein mag, wäre dies ein Schritt, der so viel an positiven Effekten mit sich bringen würde.“
Wäre dies eine Möglichkeit, die Klimaerwärmung umzukehren und einen Weg zurück zu finden?
„Das Klima ist träge und reagiert nur langsam auf Veränderungen. Einen Weg zurück gibt es daher nicht.
Was wir aber verhindern können, ist, dass es immer noch hei- ßer wird. Doch das muss erst noch in die Köpfe rein, denn so ganz verstanden haben wir die Diskussion rund um die Klimaerwärmung noch nicht. Das liegt auch daran, dass sie falsch geführt wird.“
Wo liegt das Problem?
„Dass wir Größen zur Messung heranziehen, die nicht greifbar sind, und Begriffe verwenden, die die Tatsachen verfälschen.“
Welche Begriffe meinen Sie konkret?
„Klimaanpassung. Das ist ein richtiges Schummelwort. Denn an bis zu 50 Grad, wie derzeit in Teheran, wo sogar das Wasser rationiert werden muss – wie soll man sich daran anpassen?“
Kann es auch hier in der Region passieren, dass das Wasser knapp wird?
„Ein Thema sind sicher die Almen und Schutzhütten. In den Kalkalpen versickert das Wasser rasch, wodurch keine Speicherkapazität gegeben ist. Und im Toten Gebirge drohen Wasserstellen auszutrocknen, wenn es über längere Zeit sehr heiß ist. Das zweite Problem ist das Schmelzen der Gletscher, die unsere Süßwasserspeicher schlechthin sind. Das ergibt eine totale Abhängigkeit vom Niederschlag und auch dieser wird durch den geringeren Schneefall weniger lange gespeichert und fließt schneller ab.“
Sie haben ein Buch über Wasser geschrieben. Wieso haben Sie sich gerade dieser Thematik gewidmet?
„Eigentlich wollte ich ein Buch über Renaturierung schreiben, habe jedoch schnell bemerkt, dass das Wasser der zentrale Punkt ist. Es hält uns den Spiegel vor, in dem wir die Folgen unseres Handeln am deutlichsten sehen, sei es anhand von veränderten Niederschlagsmustern, dem Schmelzen der Gletscher oder der Erwärmung von Seen und Meeren. Doch wir dürfen Wasser nicht als Bedrohung, sondern als Gabe sehen. Wasser und Wald – das sind die beiden großen Schrauben für den Naturschutz. Wenn wir daran drehen, können wir am schnellsten eine Veränderung erzielen.“
Woran kann jede bzw. jeder von uns drehen?
„Über den Konsum kann man viel verändern. Das kann der Verzicht auf eine Flugreise oder auf den Kauf von Erdbeeren im Winter sein.
Natürlich muss man auch die Politik in die Pflicht nehmen, doch wenn wir gemeinsam die Entscheidung treffen, einzusparen und der Erde eine Verschnaufpause zu gönnen, können wir tatsächlich Großes bewirken.“