Faszination Wels: Wie ein Ausflug zur Leidenschaft wurde
05.09.2025 RegionalesMit ihrer Welszucht bringen Lukas und Jaqueline Waldauer aus Bad Mitterndorf frischen, heimischen Fisch auf die Teller von Gastronomie und Privatkunden.
Es begann mit einem Ausflug. Zirka zehn Jahre ist es her, dass der Bad Mitterndorfer Lukas Wald auer mit Kollegen ...
Mit ihrer Welszucht bringen Lukas und Jaqueline Waldauer aus Bad Mitterndorf frischen, heimischen Fisch auf die Teller von Gastronomie und Privatkunden.
Es begann mit einem Ausflug. Zirka zehn Jahre ist es her, dass der Bad Mitterndorfer Lukas Wald auer mit Kollegen des LKV auf Betriebsbesichtigung ging. Ziel: eine Fischzucht in Niederösterreich. Es war sein erster Blick in eine Indoor-Fischzucht – und sein erster Bissen vom Wels. Ein Fisch, den Waldauer nicht mehr losließ. „Daheim habe ich sofort davon erzählt – in einer eingefleischten Runde von Rinderbauern kam das nicht schlecht an“, erinnert er sich lachend. Die Faszination war geweckt. Seit 1911 ist der Hof in Bad Mitterndorf in Familienbesitz. Nach dem Krieg baute der Urgroßvater Gemüse an und fuhr mit dem Zug auf Märkte. Der Großvater setzte auf Ferkelzucht, die Eltern schließlich auf Rinder und Milch. Nun ist es der Fisch, der die Reihe fortsetzt. Lukas und Jaqueline Waldauer, beide 30 Jahre alt, haben zwei Kinder. Er absolvierte die Fachschule Grabnerhof und machte den landwirtschaftlichen Meister, sie ist gelernte Gastronomiefachfrau. Zusammen schaffen sie die Balance zwischen Tradition und Innovation – mit einem Tier, das in der Region bislang niemand züchtet. Während seiner Ausbildung zum landwirtschaftlichen Meister nahm das Projekt konkrete Gestalt an. Waldauer widmete seine Abschlussarbeit der Zucht von Edelwelsen und plante, den alten Milchviehstall am Hof in eine Fischanlage umzubauen. Angebote wurden eingeholt, Konzepte verworfen und neu gedacht. Die erste Variante war zu groß, zu riskant. Gemeinsam mit seiner Frau Jaqueline feilte er an einer kleineren, alltagstauglichen Lösung. Die Marke „Salzkammergut Edelwels“ war geboren. Heute läuft die Anlage stabil – überschaubar in der Größe, ausgereift in der Technik.
Was den Wels so besonders macht
„Am faszinierendsten ist, dass man unabhängig von Wetter und äußeren Faktoren ein hochwertiges Lebensmittel erzeugen kann“, erklären die beiden. Der Wels sei ein besonderer Fisch: grätenarm, mild im Geschmack, fast lachsähnlich, und damit für viele Konsumenten sehr attraktiv. Seine Filets enthalten reichlich Omega- 3-Fettsäuren, die Herz und Kreislauf schützen und in der Ernährung so wertvoll sind. Auch sein Aussehen ist markant: ein breiter, flacher Kopf, die charakteristischen Bartfäden, eine schuppenlose Haut. Der Wels ist ein nachtund dämmerungsaktiver Räuber – Eigenschaften, die auch in der Zucht berücksichtigt werden. Deshalb schwimmt er bei den Waldauers in einer abgedunkelten Halle, ruhig und ungestört.
Vom Setzling zum fertigen Produkt
Die Setzlinge – winzige 10-Gramm-Fische – kommen aus dem Burgenland. Nach einem Monat werden sie in vorwüchsige und kleinere Fische vorsortiert, danach folgt die Übersiedlung ins „Erwachsenenbecken“. In acht Monaten, täglichem Füttern und sorgfältiger Pflege, erreichen sie zwischen 2,5 und 4 Kilo. In den Räumlichkeiten der Fleischhauerei Diechtl erfolgt schließlich das Filetieren. Etwa 70 Prozent der Fischfilets gehen an Gastronomiebetriebe im Bezirk Liezen, der Rest an Privatkunden. „Wir arbeiten mit sehr vielen und sehr guten Köchen zusammen. Die haben uns gleich am Anfang ein wertvolles Feedback gegeben“, betonen Lukas und Jaqueline. Die Fischzucht ist ein stetiger Lernprozess. Rund 150 Fische verkauft Familie Waldauer derzeit pro Monat. Ab Hof und am Stritzelberger Hof in Lassing sind die frischen Filets erhältlich – immer am letzten Donnerstag und Freitag im Monat.
Ein sensibles System verlangt Aufmerksamkeit
Die Fischzucht ist eingebettet in den bestehenden Familienbetrieb. Während Lukas und Jaqueline die Fische managen, kümmern sich die Eltern um die Rinder. Auch der Opa arbeitet noch tatkräftig mit. Der Tag beginnt mit dem Füttern der Fische, gefolgt vom Melken im Rinderstall. Fixpunkte sind die vier täglichen Fütterungen – per Hand, mit kleinen Pellets aus Getreide und Fischmehl. Bei der Wahl des Futters ist Qualität das Wichtigste, die Gesundheit der Tiere hängt direkt davon ab. Jede Fütterung ist zugleich eine Kontrolle: Sind die Tiere gesund? Passt die Wasserqualität? Jeden dritten Tage wird die Anlage gewartet, Sedimente ausgewaschen. Das Herzstück ist der biologische Filter. Medikamente kommen keine zum Einsatz, allein sauberes Trinkwasser und hochwertiges Futter. Auch nach fünf Jahren sieht sich die Familie als Lernende. Temperatur, Sauerstoffgehalt, pH-Wert – alles muss konstant bleiben. Schon kleine Schwankungen können das empfindliche System stören. Deshalb ist die Anlage abgeschottet, Besucher sind nicht vorgesehen. „Der Wels mag Ruhe, Dunkelheit, Gleichmäßigkeit“, erklärt Familie Waldauer.
Nachhaltigkeit und Regionalität
Die Welszucht ergänzt den Rinderbetrieb nicht nur wirtschaftlich, sondern auch ökologisch. Ausscheidungen flie- ßen als Dünger zurück auf die Felder – gemeinsam mit der Rindergülle. Eine geschlossene Kreislaufwirtschaft. Was sich Lukas und Jaqueline Waldauer für die Zukunft wünschen: Einen höheren Stellenwert für regionale Produkte – denn mit jedem heimischen Kauf geht ein Auftrag direkt an die Produzenten, die damit weiterarbeiten und die Region stärken können. In Österreich liegt die Eigenversorgung mit Fisch bei nur acht Prozent. Der Großteil wird importiert. Mit ihrer Arbeit wollen sie dazu beitragen, dass in Zukunft mehr heimischer Fisch auf den Tellern der Österreicher landet. Wie beschreiben sie abschließend ihre Arbeit? „Vielseitig – so wie unser Betrieb, unser Familienleben, so wie der Wels in der Küche.“