Ein Appell gegen die Lebensmittelverschwendung
16.05.2025 Junges EnnstalSchätzungen zufolge werden in Österreich pro Jahr circa 1 Million Tonnen noch genießbare Lebensmittel entsorgt. Der Großteil davon in privaten Haushalten. Würde man diese enorme Zahl nun herunterrechnen, wären das pro Person in etwa 133 ...
Schätzungen zufolge werden in Österreich pro Jahr circa 1 Million Tonnen noch genießbare Lebensmittel entsorgt. Der Großteil davon in privaten Haushalten. Würde man diese enorme Zahl nun herunterrechnen, wären das pro Person in etwa 133 Kilogramm.
Ein auf den ersten Blick nicht allzu groß erscheinendes Problem, doch Lebensmittelverschwendung hat globale Auswirkungen. Ressourcenverschwendung, soziale Ungerechtigkeit und eine hohe Umweltbelastung sind die Folgen, denn für jedes in die Tonne geworfene Lebensmittel sind Wasser, Energie und Arbeitskraft aufgewendet worden. Ein Beispiel: Um einen Kilogramm Tomaten zu erzeugen, werden circa 180 Liter Wasser benötigt. Werden diese Tomaten entsorgt, waren die 180 Liter Wasser nutzlos investiert. Mit diesem Beispiel soll aufgezeigt werden, dass nicht nur das Endprodukt verschwendet wurde, sondern auch die dafür benötigten Ressourcen. Neben dem hohen Wasserverbrauch werden weltweit riesige Anbauflächen für Lebensmittel genutzt, die am Ende im Müll landen. Vom Anbau über die Lagerung bis hin zur Verarbeitung und dem Transport werden unnötige Mengen Energie, Treibstoff und Dünger eingesetzt, die die Umwelt belasten. Ein weiterer globaler Widerspruch ist die soziale Ungerechtigkeit, die mit der Lebensmittelverschwendung einhergeht. Wohlhabende Länder haben Lebensmittel im Überfluss. Wo hingegen Länder, die von weitverbreiteter Armut betroffen sind, zu wenige Lebensmittel zur Verfügung haben. Die weltweite Nahrungsmittelproduktion würde eigentlich für alle ausreichen, doch die Verteilung und der Zugang sind ungerecht aufgeteilt. Weiters werden überschüssige Lebensmittel von Supermärkten beziehungsweise der Industrie entsorgt, anstatt sie an soziale Einrichtungen, wie es etwa die Tafel in Österreich ist, zu spenden. Auch die stetig steigenden Lebensmittelpreise bereiten sozial schwächeren Gruppen Probleme. Dennoch werden gleichzeitig Tonnen davon weggeschmissen.
Leider werden Lebensmittel auch wegen ihrer Optik aussortiert und schaffen es deswegen nie in den Handel. So bleiben circa 30 Prozent der Obst- und Gemüseernte aus rein ästhetischen Gründen beim Bauern zurück. Dennoch gibt es für manche krummen Obst- und Gemüsesorten Hoffnung. Zahlreiche Projekte zum Thema Lebensmittelverschwendung leisten Widerstand gegen die Wegwerfgesellschaft. Beispielsweise die Initiative „Unverschwendet“ rettet überschüssiges Obst und Gemüse aus landwirtschaftlichen Betrieben, um es dann zu Marmelade oder Chutneys zu verarbeiten. Auch „Too Good To Go“ wirkt der Verschwendung entgegen. Restaurants, Geschäfte und Bäckereien verkaufen über die App übriggebliebene Produkte zu einem wesentlich günstigeren Preis. Man kann sich für eine Tüte bewerben und kann diese dann zu vorgegebenen Uhrzeiten, meist nach Verkaufsende, abholen. Auch in Supermärkten zeigt sich ein Umdenken. Sogenannte Rettungsboxen können gekauft werden oder es gibt oft krummes Obst und Gemüse unter dem Namen „Wunderlinge“ oder „Krumme Dinger“ günstiger zu kaufen.
Auch Konsumenten tragen Verantwortung und bewusstes Einkaufen gehört dazu. Das Mindesthaltbarkeitsdatum ist nicht das Wegwerfdatum. Ein Produkt ist nicht automatisch verdorben, wenn das angegebene Datum überschritten ist. Da heißt es die eigenen Sinne schärfen und prüfen, ob das Produkt noch gut ist. In sehr vielen Fällen sind Produkte noch über das abgedruckte Datum hinaus genießbar. Würde jeder Haushalt bewusster einkaufen, Produkte auf die Genießbarkeit überprüfen anstatt sie sofort wegzuwerfen und die ästhetische Brille für Obst und Gemüse absetzen, so wäre das bereits ein großer Schritt im Kampf gegen die Lebensmittelverschwendung.
Christina Gösweiner