Der Griff ins Regal entscheidet
06.12.2024 RegionalesDie Rechercheplattform „Land schafft Leben“ liefert seit zehn Jahren fundiert aufbereitete Hintergründe über die Produktion von Lebensmitteln. Damit sollen Kaufentscheidungen bewusst getroffen werden können.
Bier, Ostereier, Kartoffeln und ...
Die Rechercheplattform „Land schafft Leben“ liefert seit zehn Jahren fundiert aufbereitete Hintergründe über die Produktion von Lebensmitteln. Damit sollen Kaufentscheidungen bewusst getroffen werden können.
Bier, Ostereier, Kartoffeln und Paradeiser – seit zehn
Jahren nimmt der Verein „Land schafft Leben“ österreichische Lebensmittel unter die Lupe. Dabei werden die Produktion ebenso betrachtet wie die Auswirkungen auf Umwelt und Gesundheit. Seit Gründung des Vereins wurden insgesamt 40 umfangreiche Berichte zu österreichischen Lebensmitteln und übergreifenden Themen wie „Landwirtschaft, Ernährung und Klima“ oder „Lebensmittelkonsum in Österreich“ veröffentlicht. Sämtliche aufbereitete Informationen (rund 1600 Seiten Wissen, 630 Infografiken und 540 Videos) sind frei auf der Website des Vereins zugänglich und dienen Konsumentinnen als Orientierung. „Land schafft Leben“ hat sich außerdem als Anlaufstelle für Medien, Studenten und verschiedenste Branchenvertreter etabliert. In den Berichten kommen erstaunliche Zahlen zutage: So versorgt ein Bauer heute rund hundert Menschen, heimischer Fisch ist bereits im Jänner aufgegessen und jedes Jahr werden eine Million Tonnen vermeidbare Lebensmittelabfälle in Österreich weggeworfen. Diese Menge würde aneinandergereiht eine LKW-Kette von Mailand bis Wien bedeuten.
Initialzündung
Vor zehn Jahren kamen Bio-Bergbauer Hannes Royer und die Unternehmerin Maria Fanninger zu dem Schluss, dass den Menschen der Bezug zu Lebensmitteln abhanden gekommen ist. Kaufentscheidungen würden hauptsächlich über den Preis getroffen werden. Diese Erkenntnis brachte sie dazu, den gemeinnützigen Verein „Land schafft Leben“ zu gründen. Seither klären sie mit ihrem Team über österreichische Lebensmittel und deren Produktion sowie die Auswirkungen auf Umwelt und Gesundheit auf. Nach zehn Jahren Bewusstseinsbildung zieht das Gründungs-Duo Bilanz. So würden sich die Menschen immer mehr dafür interessieren, woher ihr Essen kommt und wie es produziert wird, und auch in der Gastronomie wird das immer wichtiger. „Gleichzeitig sorgt die Teuerung jedoch dafür, dass der Preis beim Einkauf wieder das entscheidende Kriterium ist. In den nächsten zehn Jahren wird es für uns also noch genug zu tun geben, um den Menschen zu vermitteln: Was wir tagtäglich essen, ist alles andere als egal. Denn mit jedem Griff ins Regal erteilen wir einen Produktionsauftrag“, so Royer und Fanninger.
Gesundheit und Bildung
Essen bildet die Basis unserer Gesundheit und wirkt sich maßgeblich auf Körper und Psyche aus. Um dieses wichtige Thema auch in Österreichs Schulen voranzutreiben, hat „Land schafft Leben“ 2021 den Lebensmittelschwerpunkt ausgerufen. Dabei handelt es sich um die größte österreichweite Bildungsinitiative rund um Lebensmittel, Ernährung und Konsum. Pädagoginnen und Päd agogen wird kostenlos methodisch-didaktisch aufbereitetes Lehrmaterial zur Verfügung gestellt, das mittlerweile über 210.000-mal heruntergeladen worden ist. Außerdem gibt es bereits 20 „Land schafft Leben“- Schulen, die das Thema Essen in der Schule intensiv und ganzheitlich vorantreiben.
Herkunftskennzeichnung und Tierwohl
Seit 2018 setzt sich „Land schafft Leben“ für eine durchgängige Herkunfts- und Haltungskennzeichnung ein – im Handel ebenso wie im Außer-Haus-Verzehr, für frische ebenso wie für verarbeitete Lebensmittel. 2023 gelingt hier ein erster Teilerfolg: die verpflichtende Herkunftskennzeichnung für Fleisch, Milch und Eier für österreichische Großküchen. „Land schafft Leben“ wirkt auch bewusstseinsbildend in die Branchen hinein und hat etwa die Marke „FairHof“ von Hofer mitentwickelt. Mit seinem Format „Wer nichts weiß, muss alles essen“ erreichte „Land schafft Leben“ 2022 den dritten und 2023 den ersten Platz beim Ö3-Podcast-Award. Das zeigt, dass der Verein und seine Inhalte wortwörtlich gehört werden und Themen rund um Essen und Ernährung in der Mitte der Gesellschaft angekommen sind.
Wohin die Reise geht
Die Arbeit von „Land schafft Leben“ ist dann getan, wenn die Österreicherinnen und Österreicher bewusst konsumieren. Dafür muss jedoch nicht nur Bewusstsein, sondern auch Transparenz geschaffen werden. Hannes Royer sagt dazu: „Ich kann mich nur dann bewusst für oder gegen ein Lebensmittel entscheiden, wenn ich weiß, woher es kommt und wie es produziert worden ist. Deshalb fordern wir ganz klar eine verpflichtende Herkunfts- und Haltungskennzeichnung – und zwar überall dort, wo wir mit Lebensmitteln in Berührung kommen.“ Um diese Informationen dann auch einordnen und nutzen zu können, müssen Konsumentinnen und Konsumenten ein gewisses Wissen über Essen und Ernährung haben. Maria Fanninger sieht hier in der Bildung besonders großes Potenzial: „Wenn wir langfristig eine gesündere Gesellschaft werden wollen, dann müssen wir bei der Ernährung unserer Kinder ansetzen. Lebensmittelwissen, Ernährungsbildung und Konsumkompetenz gehören genauso ins Klassenzimmer wie Lesen, Schreiben und Rechnen. Außerdem sollte die Schule der Ort sein, an dem jedes Kind in Österreich leistbaren Zugang zu einer gesunden Mahlzeit bekommt. Das ist eine Frage der Gerechtigkeit.“