Balanceakt in der Gesundheitsversorgung
07.11.2025 RegionalesLand präsentiert Pläne für die nächsten fünf Jahre. Das Leitspital ist kein Thema mehr. Die Abordnung wird von Demonstranten mit Trillerpfeifen empfangen.
Mit gelben Warnwesten, Bannern und Trillerpfeifen ausgerüstet, empfingen rund 250 ...
Land präsentiert Pläne für die nächsten fünf Jahre. Das Leitspital ist kein Thema mehr. Die Abordnung wird von Demonstranten mit Trillerpfeifen empfangen.
Mit gelben Warnwesten, Bannern und Trillerpfeifen ausgerüstet, empfingen rund 250 Personen Gesundheitslandesrat Karlheinz Kornhäusl in Aigen und standen entlang der Straße Spalier. So richtig einig schienen sich die Demonstranten aber nicht zu sein. Während die einen lautstark für den Vollerhalt des Krankenhauses in Bad Aussee skandierten, forderten die anderen die Wiederaufnahme der Leitspitalspläne in Stainach. Der gemeinsame Nenner war einzig die Unzufriedenheit mit dem Plan B, der im Regionalen Strukturplan Gesundheit (RSG) nun festgeschrieben ist. Am vergangenen Montag wurde der RSG in Graz vorgestellt, danach tourt eine Abordnung durch alle Regionen der Steiermark, um die Strategie der nächsten fünf Jahre in der Gesundheitsversorgung der Steiermark vorzustellen.
Nicht wegducken
Herbert Angerer vom Forum Pro LKH Bad Aussee peitschte das Empfangskomitee mit Argumenten ein, ehe die Vertreter der Landesregierung eintrafen. Als ein Fahrzeug mit Grazer Kennzeichen vorbeirollte, wurde es so richtig laut. Karlheinz Kornhäusl nahm nicht den Hintereingang, sondern bahnte sich den Weg durch die Demonstranten, grüßte einige Anwesende sogar per Handschlag. Angerer konfrontierte ihn mit den Vorwürfen der Ausseer, Wilhelm Pintar machte sich für das Klinikum in Stainach stark. Der Bezirk werde im Zentrum ausgedünnt, eine ordentliche Gesundheitsversorgung sei nicht mehr gegeben. Allein das Leitspital sei eine zukunftsträchtige Lösung, so Pintar. Der Gesundheitslandesrat stellte sich den Vorwürfen und verteidigte den Plan B: „An jedem Standort alles anzubieten, würde bedeuten, dass man Sand in die Augen streut. Das tut man nicht.“ Mit dem Plan B und der Spezialisierung würde man das Beste für Bad Aussee herausholen. Nun sei es entscheidend, dass man ins Tun komme. Kornhäusl wurde auch nicht müde zu betonen: „Mehrheiten haben sich geändert, meine Meinung nicht.“ Aus seiner Sicht wäre das Leitspital in Stainach die beste Lösung, aber dafür gebe es keine politische Mehrheit mehr.
„Jetzt werde ich mich nicht wegducken, sondern das Beste daraus machen“, so Kornhäusl. Ihm sei völlig klar, dass dieser Balanceakt einigen nicht gefällt.
Spitalsnetz im RSG
Im Anschluss präsentierte Kornhäusl mit FPÖ-Klubobmann Marco Triller, Vertretern von der Österreichischen Gesundheitskasse, dem Gesundheitsfonds und dem Entwicklungs- und Planungsinstitut für Gesundheit (EPIG) den Regionalen Strukturplan. Zugrunde liegt dem Papier der Österreichische Strukturplan Gesundheit sowie statistische Daten über die Entwicklung der Bevölkerung und medizinische Bedarfe. Auf Basis dieser Zahlen und Richtlinien wurde als Alternative zum Leitspital das Spitalsnetz mit den bundesländerübergreifenden Kooperationen entwickelt. „Es geht um die Balance einer wohnortnahen Grundversorgung und medizinische Spitzenleistungen“, fasste der Gesundheitslandesrat zusammen. Derzeit ist der Entwurf in Begutachtung, der Beschluss dazu wird am 19. Dezember gefasst und gültig ist der RSG ab 1. Jänner 2026. Absichtserklärungen von Salzburg und Oberösterreich gebe es bereits. Im Jänner wird der Geschäftsführer des Gesundheitsfonds, Michael Koren, die genauen Inhalte ausarbeiten.
Leitspital dominiert Diskussionsrunde
Die Eckpunkte waren im Groben bekannt, im Anschluss hatten Kommunalpolitiker und Vertreter aus dem regionalen Gesundheitswesen die Möglichkeiten, sich mit Fragen und Kritikpunkten an das Gremium zu wenden. Hinsichtlich Zahnarztmangel, der derzeit am massivsten im Bezirk Liezen ist, gab Josef Harb von der ÖGK vorsichtige Entwarnung. Man wolle ein selbstständiges Ambulatorium in der Region mit drei jungen Zahnärzten auf den Weg bringen. „Die drei Herren sind mir im Wort, dass sie eine Kassenmedizin anbieten und nicht nur hochpreisige Implantate einbauen werden“, so Harb. Auch in der Diskussionsrunde dominierte das Leitspital. Bitter enttäuscht zeigte sich Stainachs Bürgermeister Roland Raninger, der als erster das Wort ergriff: „Herr Landesrat, vor einem Jahr hast du uns erklärt, dass das was du uns hier präsentierst, genau nicht funktioniert. Ich bin maßlos enttäuscht von dir und hätte nicht gedacht, dass du da mitmachst.“ Kornhäusl antwortete, dass es auch mit den jetzigen Oppositionsparteien keine Mehrheit für ein Leitspital gebe. Nun wolle er das Beste aus der Situation herausholen. LAbg. Armin Forstner bat auch mit Niederösterreich zu sprechen, schließlich sei der östliche Teil des Bezirkes im Einzugsgebiet des LKH Waidhofen an der Ybbs.
Besonnen ins Tun kommen
Hinsichtlich dem Verhältnis Privatversorgung und öffentlichrechtlicher Gesundheitsversorgung sei die ÖGK nicht zufrieden, sagte Josef Harb. Er pflichtete dem „Ennstaler“-Chefredakteur Stephan Fuchs bei, dass es eine „Zweiklassenmedizin definitiv gibt. Da brauchen wir uns nichts vorzumachen.“ Es sei aber nicht einfach, diese eingefahrenen Strukturen aufzubrechen, weil für manche Interessensgruppen Gesundheit auch ein Geschäft sei. Was lange Wartezeiten betrifft, möchte sich Gesundheitslandesrat Karlheinz Kornhäusl einsetzen, aber das sei „Bohren harter Bretter“ und gehe nicht von heute auf morgen. Was die Zukunft der Gesundheitsversorgung betrifft, sei viel diskutiert und gestritten worden. „Jetzt müssen wir ins Tun kommen. Und zwar besonnen und ohne Schaum vor dem Maul“, schloss Kornhäusl ab.



