Aus für Produktionsschule
03.10.2025 RegionalesMit der Streichung der Förderung ist laut Betreiber auch das Ende der Produktionsschule besiegelt. Dort sei man „völlig schockiert“. Über die Erfolgsquoten ist man sich uneinig.
Arbeitslandesrat Willibald Ehrenhöfer hat entschieden, zwei ...
Mit der Streichung der Förderung ist laut Betreiber auch das Ende der Produktionsschule besiegelt. Dort sei man „völlig schockiert“. Über die Erfolgsquoten ist man sich uneinig.
Arbeitslandesrat Willibald Ehrenhöfer hat entschieden, zwei von vier steirischen Produktionsschulen zu schließen. Solche Produktionsschulen richten sich an vom Arbeitsmarkt ausgrenzungsgefährdete Jugendliche und sollen den Weg in eine sichere berufliche Zukunft ebnen. In Liezen wurde die Produktionsschule im Jahr 2021 an der Hauptstraße eröffnet und wird seither von Jugend am Werk betreut. Neben Liezen ist auch die Produktionsschule in Leibnitz vom Förderstopp betroffen. Als Gründe dafür zieht Ehrenhöfer hohe Kosten und geringen Erfolg heran. Dies könne Jugend-am-Werk-Geschäftsführer Walerich Berger jedoch nicht nachvollziehen, denn für ihn spreche der Erfolg der Produktionsschulen für sich. Am Standort in Liezen habe man knapp über 70 Prozent der Jugendlichen in den ersten Arbeitsmarkt, eine Lehre oder eine weiterführende Ausbildung vermitteln können. Dementsprechend niedrig sei die Drop-out-Quote. Diese liege in diesem Jahr sowie im Vorjahr lediglich bei rund 12 Prozent: „Nur eine kleine Minderheit können wir nicht stabilisieren, trotz der sehr engagierten Arbeit unserer Mitarbeitenden, doch die überwiegende Mehrheit ist nach einem halben Jahr bis maximal einem Jahr so weit, dass es für sie beruflich weitergeht“, fasst Berger den Erfolg des Projektes zusammen. Deswegen „sind wir völlig schockiert“, zeigt sich der Jugend-am-Werk-Geschäftsführer fassungslos ob des Förderstopps.
Äpfel mit Birnen vergleichen
Während Berger von einer hohen Erfolgsquote spricht, beruft sich Ehrenhöfer auf völlig andere Zahlen: „Von den im heurigen Jahr an beiden Standorten bisher 44 betreuten Personen konnten nur neun entweder in den ersten Arbeitsmarkt integriert oder in eine weitere Ausbildung gebracht werden. Im Jahr 2024 waren es noch 26 von 80 bei einer Fördersumme von ebenfalls 1,1 Millionen Euro“, lautet die Stellungnahme aus dem Büro des Arbeitslandesrats. Für den Jugend-am-Werk-Geschäftsführer würden hier jedoch „Äpfel mit Birnen“ verglichen werden, wie er sagt: „Diese Zahlen sind nicht aussagekräftig, da man jene Personen, die sich noch in der Maßnahme befinden und diese noch nicht abgeschlossen haben, nicht als Misserfolg werten kann“, so Berger.
Neues Projekt in Ausarbeitung
Für die Produktionsschulen in Liezen und Leibnitz sei mit der Einstellung der Förderung eine Fortführung nicht möglich, wie Berger bedauert. Den Anruf von Arbeitslandesrat Willibald Ehrenhöfer habe er am vergangenen Montag erhalten, „einen Tag bevor die Anträge an das Land einzureichen gewesen wären“, zeigt sich Berger auch über den Zeitpunkt verärgert. Denn seine Mitarbeitenden hätten die Nachricht über den Förderstopp zuerst aus Zeitungsberichten erfahren, bevor Jugend am Werk diese Information von zuständiger Landesstelle erhalten habe. Seitens des Arbeitsressorts des Landes werde bereits an neuen und zielgerichteten Unterstützungsmöglichkeiten für Jugendliche gearbeitet. So sei etwa aktuell ein neues Projekt in Zusammenarbeit mit einem externen Träger und der Wirtschaft in Ausarbeitung, das bereits im Herbst starten und eine höhere Erfolgsquote und mehr Effizienz garantieren soll, heißt es von Seiten des Arbeitslandesrats.
Schweres Gepäck
In Liezen betreibt neben Jugend am Werk ebenso das Netzwerk Berufliche Assistenz, ein Teilbereich der Lebenshilfe Ennstal, mit „AFit“ (ausbildungsfit) ein Programm, das sich an vom Arbeitsmarkt ausgrenzungsgefährdete Jugendliche richtet. Anders als die Produktionsschulen wird AFit jedoch nicht von Seiten des Landes Steiermark, sondern vom Sozialministeriumservice finanziert. Und auch inhaltlich seien diese beiden Initiativen für Berger nicht miteinander vergleichbar, da „wir in der Produktionsschule hauptsächlich ältere Jugendliche bis 25 Jahren betreuen“, wie der Geschäftsführer von Jugend am Werk sagt. Zudem sei auch die Ausrichtung eine andere: „In der Produktionsschule soll durch die Übernahme von Aufträgen aus der regionalen Wirtschaft eine konkrete Heranführung an die betriebliche Realität erfolgen.“ Im Falle vom Standort in Liezen sei es die Herstellung von Verpackungen für Glasfaserequipment. Für viele der Jugendlichen sei diese Arbeit die erste Erfolgserfahrung ihres Lebens gewesen: „Die Jugendlichen kommen mit schwerem Gepäck zu uns, das meist viele Misserfolge enthält. Hier sehen sie erstmals, dass ihre Arbeit gelingen kann und etwas wert ist“, erklärt Berger.
AFit abgesichert
Auch das Netzwerk Berufliche Assistenz, kurz NEBA, sei von Budgetkürzungen betroffen, so NEBA-Geschäftsführer Klaus Herzmaier. Trotzdem „sind wir soweit abgesichert“, wie Herzmaier betont. Ob die Jugendlichen aus der Produktionsschule in das Projekt AFit integriert werden können, könne er zum jetzigen Zeitpunkt jedoch nicht zusichern: „Wir werden natürlich versuchen, dass dies gelingt, sofern wir die Kapazitäten dazu haben. Personell sind wir jedoch an unsere Grenzen gelangt“, so Herzmaier.
Appell an Landesregierung
Bedauern über das Aus der Produktionsschule zeigt auch Liezens Bürgermeisterin Andrea Heinrich, die die Einrichtung „als zentralen Anker für junge Menschen, die in ihrer schulischen oder beruflichen Laufbahn Unterstützung benötigen“, bezeichnet: „Die Produktionsschule Liezen war eng mit der regionalen Wirtschaft verzahnt. Unternehmen profitierten davon, dass die Jugendlichen zentrale Schlüsselkompetenzen – wie Pünktlichkeit, Teamfähigkeit und Arbeitspraxis – bereits vor Beginn einer Lehrstelle oder eines Jobs erlernten.“ Daher appelliert Heinrich an die Landesregierung „die Bedeutung dieser Bildungs- und Fördermaßnahme für die Jugendlichen und die regionale Wirtschaft noch einmal zu überdenken. Unser Ziel muss es sein, allen jungen Menschen Chancen zu eröffnen und die regionale Wirtschaft langfristig zu stärken – dafür war die Produktionsschule in Liezen ein unverzichtbarer Partner.“
„Schlag ins Gesicht“
Scharfe Kritik kommt seitens der SPÖ Steiermark, da „die Arbeitslosigkeit von Personen unter 25 Jahren in der Steiermark zuletzt deutlich gestiegen ist – um über zwölf Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Diese Altersgruppe ist besonders stark von der aktuellen Arbeitsmarktsituation betroffen und braucht gezielte Unterstützung“, so SPÖ-Klubobmann Hannes Schwarz. Er setzt die Entscheidung der Landesregierung mit einem „Schlag ins Gesicht für jene Jugendliche“ gleich, „die ohnehin schon mit den größten Hürden am Arbeitsmarkt zu kämpfen haben.“ Für Veronika Nitsche von den Steirischen Grünen sei der Förderstopp der Landesregierung „ein Muster, das wir nun seit Monaten beobachten: Für Asphalt, Beton und teure blau-schwarze Schaufensterpolitik sind Millionen da. Aber dort, wo Steirerinnen und Steirer Hilfe, Stabilität und Chancen für ihr Leben brauchen, wird sofort der Sparstift angesetzt.“