„Ist das wirklich euer Ernst?“

In Gröbming gebe es genug Anfragen für Chalet-Dörfer und Großprojekte. Man rollt aber nicht „den roten Teppich für Spekulanten aus.“ © Christoph Huber

Unverschämte Baugrundpreise, Höchstpreise bei Wohnungen und verwässerte Bebauungsdichten treiben die Preisspirale ins Unermessliche. Investoren verdrängen junge Einheimische. Dem Gröbminger Bürgermeister Thomas Reingruber „platzt die Hutschnur.“

Auch Gröbming bleibt von Immobilien-Spekulanten nicht verschont. Was im Westen Österreichs begann, arbeitete sich über die Kleinregion Schladming in die Steiermark und ist bald im mittleren Ennstal angelangt. Bürgermeister Thomas Reingruber platzte letzte Woche der Kragen und er machte seinem Ärger über ein Facebook-Posting Luft: „Ist das wirklich euer Ernst?“, fragte er in die Community und prangert „unverschämte Baugrundpreise“ an. Stein des Anstoßes waren Verkaufsangebote zweier Grundstücke. Die Quadratmeterpreise zwischen 290 und 370 Euro pro Quadratmeter seien „fern von jedem realen Wert.“ Es sei ihm klar, dass so die Mechanismen der freien Marktwirtschaft funktionieren, aber die Verkäufer aus Rumänien bzw. aus einer Nachbargemeinde würden so den örtlichen Marktpreis beeinflussen. „Als Gemeinde mühen wir uns ab, leistbares Bauland und Wohnraum zu schaffen. Das auch noch so nachhaltig und ökologisch wie nur irgendwie möglich. Und dann sieht man diese Preise“, ärgert sich das Gemeindeoberhaupt.

Beschleunigte Preisspirale

Man müsse genau unterscheiden zwischen beruflichen Zweitwohnsitzen, Zweitwohnsitzmeldung von Angehörigen und den klassischen Ferienwohnungen. Grundsätzlich sei die Entwicklung der Gemeinde überaus positiv. Gröbming ist bei den Hauptwohnsitzen gewachsen und der Anteil der Ferienwohnungen liegt bei verträglichen 6,5 Prozent. Durch Immobilienspekulation werde die Preisspirale um ein Vielfaches beschleunigt. So besteht die Gefahr, dass betuchte Investoren junge Einheimische verdrängen. Es sei jetzt schon schwierig für eine Jungfamilie, ein Eigenheim zu errichten: „Seit drei Jahren bin ich Bürgermeister. In dieser Zeit habe ich exakt ein einziges Einfamilienhaus bauverhandelt.“

Kein roter Teppich ausgerollt

Es gebe genug Anfragen für Chalet-Dörfer und große Bauprojekte. „Teilweise rufen Rechtsanwälte im Auftrag eines Mandanten an und möchten ein ,tolles Projekt‘ vorstellen. Wenn man dann fragt wer der Auftraggeber sei, bekommt man keine Antwort“, berichtet der Bürgermeister. Da werde beispielsweise Grund gekauft und im Anschluss eine Umwidmung gefordert. „Ein Anrecht auf eine Widmung gibt es nicht. Wir rollen nicht den roten Teppich für Spekulanten aus.“ Es würde keine großen Zweckwidmungen in Gröbming geben. Sämtlichen Anfragen in dieser Größenordnung erteile man eine klare Absage.

Guter Bauträger, böser Bauträger

Ein Konzept ist bei Entwicklern besonders beliebt: Da werde ein Einfamilienhaus mit einem großen Grund gekauft, im Anschluss auf das Maximum gebaut und zu Höchstpreisen verkauft. Welche Wünsche Anrainer oder die Gemeinde haben, sei für diese Bauträger vollkommen nebensächlich. „Und hier ist der Unterschied zu regionalen Bauträgern. Bei einem Projekt hätte rechtlich ohne weiteres ein vierter Stock gebaut werden können. Auf Wunsch der Gemeinde hin hat der Bauträger freiwillig darauf verzichtet. Einem Auswärtigen ist das egal, die pochen auf ihr Recht und maximieren den Gewinn.“ Meist werde die Baudichte auf das Zehntel-Prozent hingerechnet und mit verschiedensten Tricks sogar verwässert und verschleiert, um noch mehr herauszuschlagen. „Die beißen bei uns auf Granit. Wir schöpfen sämtliche Möglichkeiten aus“, zeigt sich Reingruber kampfbereit, „Diese Projekte werden bei der Endbeschau penibelst auf Herz und Nieren geprüft. Dubiose Bauträger-Projekte werden nicht geduldet und ich bin bereit vor Gericht zu gehen.“ Was auch bereits passierte. Als ein Bauträger auf sein Recht beharrte, karrte er den Bürgermeister vor Gericht. „Wir haben zwar verloren, doch der Projektwerber erklärte sich schließlich für gesprächsbereit. Er hatte nämlich auch noch andere Projekte am Start.“

Kritik an Folge-Effekte

Was übrig bleibt, sei meist verbrannte Erde. Nach dem Motto „hinter mir die Sintflut“ würden externe Bauträger nach dem Verkauf wieder abziehen. Das Problem mit den Nachbarn und Anfeindungen in der Gemeinde ohne zu wissen warum, haben meist die Käufer. „Der Bürgermeister hat nicht das Recht bzw. die Kompetenz wie der Kaiser in Rom mittels Daumen hoch/Daumen runter über Bauprojekte zu entscheiden. Und ich habe null Einfluss auf den Verkauf. Aber ich nehme mir das Recht heraus, Folge-Effekte zu kritisieren“, so Thomas Reingruber abschließend.

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