Wolfsverordnung muss strenger sein

Breite Allianz der Gröbmingerland-Bürgermeister (v.l.): Franz Zach (Öblarn), Waltraud Köll (Vzbgm. Michaelerberg-Pruggern), Thomas Reingruber (Gröbming), Fritz Zefferer (Mitterberg-Sankt Martin), Werner Schwab (Sölk). Fotos: Christoph Huber

Mit einer Petition richten sich die Gröbmingerland-Bürgermeister an die Politik. Die sich in Ausarbeitung befindliche Verordnung müsse schnelle Entnahmen von Wölfen ermöglichen sowie Maßnahmen im Falle einer Rudelbildung berücksichtigen.

Seit dem mutmaßlichen Wolfsriss in Oberstuttern am 9. Mai (bis Redaktionsschluss lag noch kein DNA-Ergebnis vor) wurden Wolfssichtungen und weitere Risse gemeldet. So gab es in Pruggern zwei Rehe, in Donnersbach ein Schaf mit einem Kehlbiss sowie ein hochträchtiges Schaf am Kulm in Pruggern, die möglicherweise dem Wolf zum Opfer fielen. Obwohl es zum Teil eindeutige Hinweise gibt, werden erst die DNA-Proben endgültige Gewissheit geben. Um der Sorge der Bevölkerung Ausdruck zu verleihen, luden die Gröbmingerland-Bürgermeister (Mitterberg-Sankt Martin, Öblarn, Gröbming, Sölk, Michaelerberg-Pruggern) zu einer Pressekonferenz. Viele besorgte Menschen würden an sie herantreten, doch „uns Bürgermeistern sind die Hände gebunden“, sagt Bürgermeister Fritz Zefferer. „Wir haben keine Möglichkeit Maßnahmen zu setzen.“ Deswegen möchten sich die Gemeindeoberhäupter bei der Erarbeitung der Verordnung einbringen.

Beschleunigte Prozesse

Agrarlandesrat Johann Seitinger sprach sich schon längere Zeit für Entnahmemöglichkeiten von Wölfen aus. Das Naturschutzressort unter Landesrätin Ursula Lackner agierte zurückhaltend, die jüngsten Ereignisse im Enns­tal haben die politischen Prozesse beschleunigt. Derzeit erarbeitet ein Expertengremium eine Gesetzesvorlage für die Steiermark. In mehreren Bundesländern sind bereits Wolfsverordnungen beschlossen bzw. in Begutachtung. Als Vorlage für die Steiermark dient die Kärntner Wolfsverordnung, welche bereits seit Jänner 2022 in Kraft ist.

Allein heuer gab es in Kärnten etwa zwanzig Abschussfreigaben. Nutztierrisse wurden bisher noch keine gemeldet, im Vorjahr waren es an die 400. Die Zahl der gerissenen Wildtiere dieses Jahres liegt in Kärnten aktuell bei 26. Nachdem sich die Entnahme eines Wolfes als nicht einfach gestaltet, konnten erst zwei entnommen werden. Zudem gab es Änderungen im Kärntner Jagdgesetz, welche die Jagd auf Wölfe erleichtern sollen, wie etwa die Erlaubnis von Nachtsichtgeräten.

Sofortige Entnahme

Das Landesgesetzblatt in Kärnten definiert die Begriffe „Risikowolf“ und „Schadwolf“. Risikowölfe sind Tiere, die sich bis auf 200 Meter Siedlungsgebieten und Viehweiden nähern. Sie dürfen erst nach erfolglosen Vergrämungsversuchen wie optischen Signalen oder Schreckschüssen entnommen werden. Eine derartige Vorgangsweise sei aus Sicht der Gröbmingerland-Bürgermeister „realitätsfremd“. Sie fordern eine Möglichkeit zur sofortigen Entnahme eines Risikowolfes. „Wir müssen dem Wolf die Möglichkeit nehmen, dass es zu einem zweiten, dritten Angriff kommt“, sagt der Sölker Bürgermeister Werner Schwab. Als „Schadwölfe“ gelten Tiere, die innerhalb einer gewissen Zeitspanne mehrere Nutztiere auf Almen töten oder verletzen.

Zeitspanne verkürzen

Die Verordnungen seien zahnlos, ergänzt der Bürgermeister von Mitterberg-St. Martin, Fritz Zefferer: „Aufgrund der EU-Richtlinie sind alle sehr zögerlich und zurückhaltend beim Formulieren der Gesetzgebung.“ Dennoch müsse bei Wolfssichtungen in besiedelten Gebieten die Zeitspanne verkürzt werden. Außerdem sei es wichtig, im Falle einer Rudelbildung die Dezimierung des Wolfsbestandes in der Verordnung bereits zu berücksichtigen. Der Abschuss alleine werde nicht reichen, sagt Albin Blaschka vom Österreichzentrum Bär, Wolf, Luchs. Man müsse Herdenschutz und Entnahme im Zusammenspiel sehen. „Der Wolf ist da. Selbst wenn man ihn aufgrund einer Verordnung bejagen und abschießen kann, muss die Herde trotzdem geschützt werden“, so Blaschka.

Provokation illegaler Entnahmen

Als Bürgermeister, Landwirt und Jäger sei er gleich dreimal vom Wolf betroffen, sagt der Öblarner Bürgermeister Franz Zach: „Jetzt ist der Zeitpunkt, wo wir handeln müssen.“ Herdenschutzzäune seien auf Almen nicht verwendbar. „Wir müssen die Jäger bitten, dass sie diese Abschüsse überhaupt übernehmen“, gibt Zach zu bedenken. Einerseits sei es nicht einfach, dieses Tier zu bejagen, andererseits für Jäger uninteressant. „Viele Bauern sind auch Jäger“, wirft der Gröbminger Postenkommandant Cölestin Höflechner ein. Die Standesvertretung müsse Rechtsklarheit schaffen, ob ein Abschuss möglich wäre, wenn man den Wolf auf frischer Tat ertappt – ähnlich wie es bei nicht geschützten Raubtieren der Fall ist. Durch dieses zögerliche Vorgehen provoziere man illegale Entnahmen. Und die können zigtausend Euro Strafen nach sich ziehen. Auch für die Polizei gebe es keine rechtlich definierte Vorgangsweise, sagt Höflechner. Aus seiner Sicht sei das Auftreten des Wolfes eine Gefahrensituation, für die es keine rechtliche Regelung gibt.

Ziel ist die EU-Ebene

Seit mehreren Jahren würden Almbauern für eine Regulierung kämpfen, sagt Vizebürgermeister, Hüttenwirt und Almbauer Karl Brandner. Ein Problem, das auf die Almbauern abgewälzt wird, sind beunruhigte Weidetiere. Nächtliche Wolfsangriffe könnten ganze Viehherden verstören. Bei Übergriffen auf Wanderer würden die Eigentümer in der Haftung stehen. Selbst wenn derzeit große Sorge bestehe, appelliert Kammerobmann Peter Kettner an die Landwirte, ihre Tiere unbedingt auf die Alm aufzutreiben: „Wir dürfen nicht aufgeben, was über Jahrhunderte gepflegt wurde.“ Kettner ist froh und dankbar, dass Bewegung in die Sache reinkommt und dass sich auch die Bürgermeister dafür einsetzen, denn „die Landwirte sind die ersten, die es betrifft“. Etwa 17.000 Tiere seien allein im Bezirk Liezen auf den Almgebieten. Er betont: „Die Verordnung des Landes Steiermark ist ein wichtiger Schritt in die richtige Richtung.“ Wenngleich eine Regulierung auf EU-Ebene das Ziel sein müsse, wie er hinterherschickt. Inwiefern strengere Landesgesetze mit dem EU-Recht vereinbar sind, wird sich weisen.

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