„Werden den Wolf nicht mehr wegbringen“

Fordern eine praxistaugliche Lösung zur Regulierung des Wolfsbestandes (von links): Bezirksjägermeister-Stv. Hans Zeiler, Gottfried Kraml, Kammerobmann Peter Kettner, Monika Brechtler (Wolfstopp Stmk.), LAbg. Albert Royer, Wolfstopp-Obmann Gerhard Fallent, Vzbgm. Herbert Hansmann. Foto: Ennstaler

Für den Entwurf der steirischen Wolfsverordnung hagelte es vergangene Woche Kritik. Sie sei zu zahm und praxisfremd. Die Landesregierung hält am Entwurf fest, die Verordnung soll noch heuer in Kraft treten. Die EU bewertet die Schutzwürdigkeit neu.

Gemeinsam mit Vertretern aus Landwirtschaft, Jagd und Politik machte der Verein Wolfstopp vergangene Woche einmal mehr auf die Dringlichkeit einer Regulierung des Wolfsbestandes aufmerksam. Während die Wolfsverordnungen in Oberösterreich und Niederösterreich bereits „teilweise ihre Wirkung entfalten“, sei der Entwurf der steirischen Lösung „zu zahm und praxisfremd“, sagt Wolfstopp Obmann Gerhard Fallent. Er fordert eine Harmonisierung auf nationaler Ebene. Ähnlich dem schwedischen Modell, solle sich Österreich auf eine Obergrenze an Tieren einigen und wolfsfreie Zonen definieren. „Offensichtlich ist das Richtlinienkonform, ansonsten wäre Schweden schon sanktioniert worden“, so Fallent.

Steiermarklösung kurz vor Beschluss

Der Entwurf der steirischen Wolfsverordnung lag für vier Wochen zur Begutachtung öffentlich auf. Im Landtag wird darüber nicht mehr abgestimmt, es reicht ein einstimmiger Beschluss der Landesregierung, damit die Richtlinie in Kraft treten kann. Sowohl im Büro von Umweltlandesrätin Ursula Lackner als auch von Agrarlandesrätin Simone Schmiedtbauer ist man zuversichtlich, dass die Verordnung noch heuer in Kraft treten wird. Der Entwurf erlaubt eine Entnahme von Wölfen, wenn ein Wolf nachweislich und mehrmalig geschützte Nutztiere innerhalb von vier Wochen tötet oder sich dem Menschen gefährlich nähert. Für eine Erlegung ist zudem eine Prüfung durch einen Naturschutzsachverständigen und eines Wildökologen erforderlich. Zuvor sind nur gelindere Mittel erlaubt, wie Lockreize entfernen, verscheuchen durch akustische oder optische Signale oder vergrämen mittels Schreck- oder Schmerzreize.

Neu aufsetzen

„So kann in der Steiermark kein einziger Wolf legal entnommen werden“, bekrittelt der Landtagsabgeordnete Albert Royer (FPÖ). „Die Jägerschaft braucht Rechtssicherheit, ansonsten wird keiner abdrücken, aus Angst die Jagdkarte zu verlieren.“ Man solle das Ganze neu aufsetzen, „bevor wir solchen Murks auf den Verordnungsweg bringen“. Bezirksjägermeister-Stellvertreter Hans Zeiler mutmaßt: „Es ist teilweise gewollt, dass man die Entnahme verhindert.“ Sowohl im Büro der Umweltlandesrätin als auch der Agrarlandesrätin zeigte man sich verwundert ob der harschen Kritik, nachdem Vertreter der Jagd und der Landwirtschaft in der Arbeitsgruppe eingebunden waren.

Gebeutelte Landwirtschaft

„Vieles ist missglückt in der Landwirtschaft und jetzt kommt der Wolf noch oben drauf“, sagt der Ramsauer Landwirt Gottfried Kraml, der die zögerliche Politik nicht nachvollziehen kann. Er räumt der kleinstrukturierten Landwirtschaft und der Almwirtschaft wenig Zukunft ein. Kraml gab als Beispiel den Wolfsübergriff in Ramsau am Dachstein: „Zehn Kadaver wurden gefunden, 50 Schafe sind nach wie vor vermisst.“ Ob die vermissten Schafe, die unzähligen Kilometer und Stunden, die für die Nachsuche aufgewendet werden mussten, entschädigt werden, ist noch fraglich. Auch Kammerobmann Peter Kettner sieht die kleinbäuerliche Struktur und insbesondere die Almen in Gefahr. Etwa 1000 Bauern im Bezirk Liezen treiben auf 400 Almen knapp 20.000 Stück Vieh auf. Ein Flächendeckender Herdenschutz sei jedoch ein Ding der Unmöglichkeit.

EU überprüft Schutzstatus

Der strenge, europaweite Schutz des Wolfes fußt auf der Flora-Fauna-Habitat-Richtlinie (FFH-Richtlinie), welche die Europäische Union 1992 beschloss. Deswegen sind auf Bundesländer-Ebene beschlossene Regelungen eine Gratwanderung zwischen praxistauglichen Lösungen und EU-rechtskonformen Gesetzen. Die steirische Agrarlandesrätin Simone Schmiedtbauer gründete in ihrer vorherigen Funktion als EU-Abgeordnete eine Arbeitsgruppe zur Wolfsthematik. In einer Resolution forderte das Europäische Parlament die Kommission dazu auf, den Schutzstatus des Beutegreifers zu überprüfen. Derzeit bearbeitet man zigtausend Stellungnahmen aus den Nationalstaaten, danach soll die Schutzwürdigkeit des Wolfes neu evaluiert werden. Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen war vergangenes Jahr selbst Betroffene, als ihr Pony einem Wolfsangriff zum Opfer fiel. „Wir werden den Wolf, so ehrlich muss man sein, nicht mehr wegbringen“, resümierte Peter Kettner. Man wolle ihn auch nicht ausrotten, aber „wenn er Probleme macht, müssen wir ihn entnehmen können“.

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