Wenn man die Rechnung ohne den Wirt macht

Mit dem Marketingprogramm des Projekts rund um das Hotel Montana in Bad Mitterndorf schossen die Verantwortlichen weit über das Ziel hinaus. Zudem wurden Zweitwohnsitze in Holland vermarktet, bevor der Gemeinderat überhaupt vollinhaltlich über das Projekt informiert war.
Es muss schon etwas Besonderes sein, wenn Arno Raymakers, der bekannte niederländische Schauspieler, Präsentator und Sprecher, in Bad Mitterndorf zu Gast ist und in höchsten Tönen die Pläne für das neue „Montana“ in Bad Mitterndorf für seine (vermögenden) Landsleute bewirbt. Postkartenidylle und Zweitwohnsitze neben der Piste für wohlfeile 150.000 bis 800.000 Euro, je nach Appartement. Das Problem dabei: bevor der Gemeinderat Bad Mitterndorf noch über irgendwelche Einreichungen des Bauwerbers beraten konnte, war das Video im Internet schon freigeschalten worden. Als die Wogen in Bad Mitterndorf hoch gingen, wurde dieses umgehend vom Netz genommen (man kann es aber unter tinyurl.com/badmitterndorfmontana weiterhin nachsehen), wie auch beim Webauftritt von „Second Home Invest“ die prominent platzierte Einladung, sich in Bad Mitterndorf einzukaufen, schnell wieder entfernt wurde.
Eine Entschuldigung, die keine war
Paul-Josef Colloredo-Mannsfeld, Geschäftsführer der PJ Colloredo-Mannsfeld Immobilien GmbH, versuchte die Umstände näher zu erläutern. Sein Besuch sollte einer Entschuldigung gleichkommen, obgleich er mehrmals betonte, sich nicht entschuldigen zu müssen. „Second Home Invest ist einfach nur der Name des Maklerunternehmens, welches finanzkräftige Investoren lukriert. Mehr ist es nicht.“ Ganz so nahmen ihm die Gemeinderäte diese Argumentation aber nicht ab.
Am 20. Oktober wurde dem Gemeindevorstand von Architekt Gerhard Kreiner und Paul-Josef Colloredo-Mannsfeld ein neues Projekt vorgestellt. Ein Neubau am Areal des aktuellen „Hotel Montana“. Die PJ Colloredo-Mannsfeld Immobilien ist unter anderem in Grundlsee bei den Seepanorama-Appartements und beim Narzissendorf Zlaim, in Tauplitz bei den Panorama Appartements sowie bei den Panorama Residenzen in Bad Aussee/Sarstein beteiligt.
Auch in der Bauausschuss-Sitzung am 5. November wurde dieses Projekt behandelt, wie Vizebürgermeister Kurt Edlinger, der den sich in Quarantäne befindlichen Bürgermeister vertrat, festhielt. Edlinger bemühte sich redlich, diplomatisch zu bleiben, was ihm auch sehr lange gelang. Bis zu dem Zeitpunkt, als er die Frage stellen musste, was sich die Herren eigentlich dabei gedacht hätten, als – während das Projekt noch in den zuständigen Gremien wie vorgestellt behandelt wurde – schon der „Ausverkauf“ im Internet begonnen hatte. Mit einem kompletten Marketingauftritt und zwar mit einer Anleitung, wie man in Österreich steuerbegünstigt in den Genuss von Zweitwohnsitzen kommen kann.
Grantige Mitterndorfer
Verständlicherweise war der Grant der Bad Mitterndorfer groß, wurde doch in Holland mit einem eindeutigen Angebot für einen Zweitwohnsitz um finanzstarke Investoren gebuhlt. „Ich stehe heute vor ihnen als Projektentwickler. Wohlwissend, dass diese nicht den besten Namen haben“, so Colloredo-Mannsfeld im Anschluss an die Gemeinderatssitzung, als er das Projekt erneut erklären durfte. Er gestand ein, dass in der Vergangenheit einiges passiert sei und es Versprechungen gab, die so nicht gehalten haben und er hofierte auch Herbert Hansmann (ÖVP) für dessen Aussage, dass bei diesem Projekt viel „Dilettantismus“ präsent war. „Es war sehr ungeschickt, dass vor den weiteren Verhandlungen schon Informationen im Internet kursierten und ich verstehe den Aufschrei in Bad Mitterndorf. Vor allem der Name ‚Second Home Invest‘ war sehr irreführend und Informationen über das Projekt zu verbreiten, bevor es in trockenen Tüchern ist, war fatal“, so Colloredo-Mannsfeld, der festhielt, dass er der Gemeinde „niemals etwas vorgaukeln wollte. Fehler passieren und dürfen auch passieren. Aber wir werden in Zukunft ganz genau aufpassen und wünschen uns eine Steuerungsgruppe aus der Gemeinde, damit ein ständiger Informationsaustausch gegeben ist.“
Im Anschluss stellte Architekt Kreiner die Pläne vor. Drei schlanke, längliche Baukörper sollen ein 4-Sterne-(Plus)-Hotel beinhalten. Mittels klassischem „buy-to-let“-Modell sollten die Zimmer und Appartements zu kaufen sein, um diese dann gleich wieder zu vermieten.
Die Aula der Mittelschule war mit Anrainern des geplanten Projektes mehr als gut besucht, die sich alle ein Bild des Neubaues machen konnten.
Von großen Plänen
Nach dem Abriss des derzeitigen Hotels würden drei geradlinige Baukörper 57 Zimmer und rund 200 Betten beinhalten, eine Tiefgarage, einen „Infinity-Pool“ wie auch ein Ganztagesrestaurant für „fine dining“, um gepflegt essen zu können. Das Restaurant würde natürlich öffentlich sein und das Hotel an rund 330 Tagen im Jahr offen. Das Investitionsvolumen der rund 40 Investoren soll 17 Millionen Euro betragen. Das Geld, welches für 20 Jahre zur Verfügung gestellt wird, bekommen die Investoren mit drei bis fünf Prozent verzinst. Betrieben würde das Hotel von der Premiummarke „Avenida“ des Unternehmens „Alpine Family“.
Scharfe Kritik der Gemeinderäte
In der Diskussion erinnerte Herbert Hansmann daran, dass er schon im Bau-Auschuss gewarnt hatte: „Vorsicht, da sind die üblichen Verdächtigen am Werk. Es wurde viel versprochen, aber praktiziert wurde praktisch das Gegenteil. Für mich ist es schwer, dieser Argumentation, die wir heute hören, Glauben zu schenken. Jeder, der solche Finanzierungsformen ins Gespräch bringt, wird früher oder später Probleme bekommen. Was ist, wenn das Hotel in fünf Jahren nicht mehr funktioniert? Kommen dann Zweitwohnsitze? Ich will eine Sicherheit darüber haben, dass dies nicht passiert!“
Paul-Josef Colloredo-Mannsfeld betonte, dass es dort überhaupt nicht die Möglichkeit gäbe, Zweitwohnsitze zu errichten (Anm. d. Red.: das Grundstück umfasst drei Parzellen, die die Widmungen „Allgemeines Wohngebiet“ und „Erholungsgebiet“ aufweisen). Die Investoren wären laut ihm, den Gästen in der Belegung des Hotels gleichgestellt und mit den Investoren würde eine Betriebspflicht vertraglich vereinbart. Er sprach von einem Baustart im Sommer und einer Eröffnung im Winter 2023.
Das war der Moment, als Vizebürgermeister Kurt Edlinger – trotz größter Disziplin – den Immobilienentwickler in die Schranken weisen musste: „Es gibt noch nicht einmal einen Einreichplan. So schnell wird das nicht gehen, wie ihr euch das vorstellt!“
Gemeinderat erpresst
Das Schlusswort blieb Kurt Berger (FPÖ), mit einer Attacke auf den Projektentwickler: „Eurer Gruppe kann man nicht vertrauen. Ich bin in Tauplitz direkter Anrainer und es wurden Versprechungen gemacht, die nicht eingehalten wurden. Es kam zu Verparkungen und ich musste jeden Tag darum streiten, zu meinem Haus zufahren zu können. Baustellenabsperrungen wurden bei einem Sturm von Balkonen geweht, Dämmplatten trafen Menschen und Autos und es kümmerte sich niemand darum“, wie er anmerkte.
Auf Nachfrage bezüglich der Vorkommnisse wurde Kurt Berger konkreter: „Es geht nicht nur darum, dass ich dieser Gruppierung deswegen nicht mehr vertraue. Es wurde die Gemeinde auch erpresst. Die Projektentwickler wollen ja das Grundstück, welches vom Unternehmen Kneitz gekauft wurde, in ‚Erholungsgebiet‘ umwidmen. Sonst, so meinten sie, bauen sie die drei Objekte anders, sodass die dahinter liegenden Anrainer überhaupt keine Aussicht mehr haben. Über diesen Weg wollten sie ein vorgezogenes Verfahren in der Flächenwidmungsplanrevision erreichen. Und das, obgleich wir alle Einheimischen immer vertröstet und zurückgestellt haben. Das ist eindeutig das falsche Signal, wie man zu einer Umwidmung kommt“, so Kurt Berger dazu.
Positiv gestimmt
Bürgermeister Klaus Neuper war bei der Gemeinderatssitzung zwar in Quarantäne, ist mittlerweile jedoch schon wieder in Amt und Würden: „Ich stehe diesem Projekt positiv gegenüber, weil es nichts Schöneres für eine Gemeinde gibt, als einen Leerstand zu neuem Leben zu erwecken. Es wird uns von den Projektwerbern vertraglich zugesichert, dass ein Hotelbetrieb aufrecht erhalten wird, es wird eine Arbeitsgruppe installiert, die auch darauf achtet, dass es ein gutes und schönes Projekt für Bad Mitterndorf wird. Was die Umwidmungswünsche anbelangt, so sind diese laut der letzten Novelle zum Örtlichen Entwicklungskonzept nicht mehr notwendig, weil grenzübergreifend agiert werden kann. Ich freue mich auf ein gutes Einvernehmen zwischen den Anrainern, den Projektwerbern und der Gemeinde.“