Wem gehört die Natur?

Laut Gesetz darf der Wald von jedem zu Erholungszwecken betreten werden. Ein achtsames Verhalten der Natur gegenüber und Respekt vor fremdem Eigentum sollten in diesem sensiblen Lebensraum aber die Voraussetzung sein. Foto: Rainer Sturm/pixelio

Der Ansturm in die Natur ließ die Diskussion um Lösungen und Regeln verstärkt aufflammen. Ansätze zur Regulierung des ausufernden Andrangs liegen in der Besucherlenkung und Bewusstseinsbildung.

Unter dem Titel „Besucherlenkung – der Ansturm von Erholungshungrigen überrollt die Forstwirtschaft“ lud der Waldverband Steiermark letzten Montag ein Expertenteam verschiedenster Interessensgruppen zum „digitalen Holzstammtisch“ ein. Dass Erholungssuchende, Naturschützer und Waldbewirtschafter unterschiedliche Interessen und Ansprüche haben, ist nicht neu. Im ersten Coronajahr hat der Drang nach Erholung in der Natur massiv zugenommen. Mit steigender Besucherfrequenz zeichneten sich die Spannungsfelder umso deutlicher ab. Zugeparkte Forststraßen, ignorierte forstliche Sperrgebiete und gleichzeitig das Recht auf Erholung zeigten den Handlungsbedarf auf. Aufgrund des überbordenden Zulaufs im Vorjahr ergriff der Waldverband die Initiative, um Lösungen zu diskutieren. „Wir sehen es als unseren Auftrag, dass wir diese Thematik proaktiv angehen“, sagt Moderator Maximilian Handlos vom Waldverband in seinem Eröffnungsstatement. Man müsse gemeinsam Lösungen für die Erholungsgesellschaft finden.

Geänderte Bedürfnisse

KLAR! Managerin Natalie Prüggler betonte wie wichtig es sei, offen für Neues zu sein: „Die Erfahrungen bei der Umsetzung der Klimawandel-Anpassungsmaßnahmen im Rahmen der KLAR! Zukunftsregion Ennstal haben gezeigt, dass die gemeinsame Entwicklung von Ideen sowie die gemeinsame Suche nach Lösungen ein wesentlicher Erfolgsfaktor ist.“ Dazu gehöre natürlich, die Grundeigentümer von Anfang an mit einzubinden. Kooperation und gegenseitiger Respekt seien der Schlüssel. In die selbe Kerbe schlägt Landtagsabgeordneter Alexander Pinter. Als Grüner Politiker, Waldbesitzer, angehender Jäger und leidenschaftlicher Mountainbiker verkörpert er gleich mehrere Interessensgruppen in einer Person. „Die Bedürfnisse haben sich geändert. Wenn du ein Angebot zur Verfügung stellst, muss es eins sein, dass sich gut verwerten lässt.“ De facto gebe es kaum ein legales Angebot für Mountainbiker. Umso eher lässt sich die Besucherlenkung mittels erlaubten Strecken kontrollieren. Neben definierten Mountainbike-Routen setzt Pinter auch auf Bewusstseinsbildung. Wichtig sei ein gegenseitiges Verständnis, weswegen er auch die Veranstaltungsreihe „Bike und Forst“ ins Leben rief. Bei gemeinsamen Ausfahrten werden Verständnis für den Lebensraum Wald aber auch der Respekt vor dem Eigentum geschärft. „Egal ob Forstwirt oder Freizeitnutzer: In erster Linie ist der Wald ein Lebensraum und muss als solcher auch behandelt werden“, so Pinter.

 

Haftung und Verantwortung

Für Waldbesitzer sei auch die Haftungsfrage ein nicht unwesentlicher Punkt, sagt Bernd Poinsitt, Geschäftsführer des Waldverbandes Steiermark: „Wenn in der Forstwirtschaft etwas passiert, hört der Spaß gleich mal auf.“ Die rechtlichen Konsequenzen inklusive Schadensersatzansprüchen seien meist ungemütlich. Er sei dafür, dass Freizeitangebote geschaffen werden, aber gleichzeitig Bewusstsein für Sperrgebiete geschaffen werde. Die Juristin, Wildbiologin und Geschäftsführerin vom Naturpark Sölktäler Veronika Grünschachner sagt, es Bedarf eines großräumigen, gemeinsamen Naturraum-Managements. Die Besucherzahlen in den Sölktälern stieg bei den Hotspots um etwa 40 Prozent, Abendtouren aufs Deneck vervierfachen sich sogar. Besonders Freicamper stören die wichtige Ruhe der Wildtiere empfindlich. Aus wildbiologischer Sicht müssten Ruhezonen geschaffen werden.

Verbotstafeln waren einmal

In den Lenkungs- und Aufklärungsmaßnahmen sieht Paul-Josef Colloredo-Mannsfeld den Schlüssel zur Regulierung. Der Besucheransturm sei durch den E-Bike- und Skitouren-Hype im Sommer wie Winter weiter am Steigen. „Verbotstafeln haben eine zeitlang gut funktioniert. Das war früher. Heute stehen Aufklärung und Bewusstseinsbildung im Vordergrund“, so Colloredo-Mannsfeld. Als Beispiel für eine Regulierung erläutert er die Maßnahmen, welche am Schwarzensee getroffen wurden. Mittels Mautgebühren, Parkplatzangebot und Schranken, sodass zum See einige Kilometer zu Fuß zurückgelegt werden müssen, lasse sich der Besucherandrang limitieren.

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