Nach dem Ausseer Fasching, welcher 2016 in die Liste des immateriellen Kulturerbes der UNESCO aufgenommen wurde, hat sich am 1. Oktober 2020 auch das Mitterndorfer Nikolospiel in diese bedeutende internationale Auflistung gereiht.
Das Nikolospiel in Bad Mitterndorf ist ein Stuben- und Umzugsspiel, das jährlich am 5. Dezember an verschiedenen Orten dargeboten wird. Die Aufführung fand ursprünglich in Bauern- und Wirtshäusern statt, seit 1959 wird die Darbietung auf dem Mitterndorfer Hauptplatz auch einem breiteren Publikum präsentiert. Bis zu 140 Personen sind in den verschiedensten Rollen unterwegs.
Die ersten schriftlichen Quellen des Nikolospiels stammen aus dem 19. Jahrhundert, davor wurden die Texte Jahrzehnte lang mündlich überliefert. Die szenische Abfolge des Spiels hat sich über die Jahrhunderte kaum verändert. Beginnend mit dem Auftritt des „Quartiermachers“, einem Krampus und dem Engel, kommt es zur zentralen Einkehrszene des Bischofs Nikolaus. Der ihn begleitende Pfarrer befragt die Kinder über ihr katechetisches Wissen. Die Jedermannszene und die Auftritte von Eheteufel und Höllenfürst Luzifer sowie das Treiben der Krampusse komplementieren das Spiel. Nach dem Hornsignal des Nachtwächters endet der Spuk und der Zug zieht weiter. Zwischen den Aufführungsorten bilden die Figuren einen langen Maskenzug, der von in Stroh gehüllten Gestalten mit fünf Meter langen Hörnern, den sogenannten „Schab“, angeführt wird. Gemeinsam mit ihren Goaßl’n, im Achtertakt schnalzend machen sie den Weg frei für die einzelnen Figuren des Spiels.
Die Quellen, die zur Recherche zur Bewerbung herangezogen wurden, gaben sehr interessante Details preis. So wurden die Aufführenden per Dekret vom 19. Dezember 1862 der Gemeindevorstehung dazu aufgefordert, sich zuvor beim örtlichen Pfarrer zu melden. Um 1879 wurde das vlg. „Schachnerhaus“ (Mitterndorf 24) in der Krampuszeit sehr gefürchtet, da sich sämtliche Krampusköpfe, Fellmäntel und Schellen darin zur Aufbewahrung befanden. In den Jahren 1880 und 1882 wurde von Seiten der Gendarmerie beanstandet, dass im Spiel die Rolle des Pfarrers bekleidet wird. Aufzeichnungen in der Chronik belegen die Mitwirkung einzelner Akteure schon im Jahr 1892 (Bartl) sowie 1896 (Schab). Auch im Jahr 1881 ging man gerne im Familienverband ins „Moarwirtshaus“ zum Krampuslauf. Nachdem der Text des Nikolospiels jahrzehntelang mündlich überliefert worden war, wurde er erstmals von Vinzenz Gassner (Jahrgang 1886) schriftlich in die Chronik übernommen.
Bei den Mitgliedern der Nikologruppe herrscht über diese „Adelung“ natürlich große Freude. Hoffentlich ist es heuer möglich, den Status als Kulturerbe im Rahmen eines Nikolospieles, wenn auch unter anderen Bedingungen, ordentlich zu feiern.
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