Namhafter Infektiologe mahnt zu mehr Gelassenheit

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Der Direktor der Innsbrucker Universitätsklinik für Innere Medizin
Univ. Prof. Dr. Günther Weiss empfiehlt, nicht wie das berühmte Kaninchen vor der Schlange gelähmt auf die täglichen Fallzahlen zu starren.

Man dürfe darüber auf andere Krankheiten nicht vergessen und „wieder mehr Normalität wagen, um wie er sagt, von „überschießenden Ängsten wegzukommen“. In einem APA-Gespräch nennt der Wissenschaftler auch die derzeitige Teststrategie mit seiner Meinung nach zu vielen Tests als Kritikpunkt. Es spricht sich in diesem Zusammenhang für eine verstärkte symptomgerichtete Diagnostik aus. Der renommierte Mediziner ist zudem Mitglied des Beraterstabes der Coronavirus-Taskforce des Gesundheitsministeriums und verweist auf die derzeitige Situation in den Krankenhäusern, die nach seiner Meinung noch weit entfernt von drohender Überlastung seien. „Es ist wichtig, dass man da auch das Augenmaß behält, denn Coronapatienten machen in unseren Kliniken nur einen ganz geringen Prozentsatz aus“, sagt der Experte. Es ginge auch darum, alle anderen Patienten so gut zu behandeln, damit sie die Therapie bekommen, die sie auch brauchen.

Auch mit Blick auf die kommende kalte Jahreszeit plädiert der Mediziner für Rationalität: „Nicht jeder normale Schnupfen sollte sofort einen Alarm auslösen.“ Man sollte den Weg zur normalen Medizin zurückfinden. Diese sei wie bei allen anderen Krankheiten bei den niedergelassenen Ärzten in guten Händen. In aller Offenheit hält Günther Weiss die sich anbahnende Strategie mit „testen, testen, testen“ für nicht zielführend. Es gelte nicht die ganze Bevölkerung quer durchzutesten oder auch Gesunde, die nie Kontakt zu einem Infizierten hatten. Die Testung sollte auf einer Verdachtsdiagnose beruhen. Wichtig ist für den Mediziner Weiss, dass das soziale und wirtschaftliche Leben erhalten bleibt: „Wenn ich zwar alles tue, eine Infektion hintanzuhalten, aber den Staat und das soziale Zusammenleben damit an die Wand fahre, wird’s schwierig.“ Das sei allerdings ein ganz schmaler Grat.

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