Nach den unschönen Ereignissen im Kapitol nach der Abwahl von Donald Trump haben sich jetzt in Brasilien ähnliche Szenen abgespielt. Es scheint so, dass immer mehr Bürger nicht mehr bereit sind, einen Wahlausgang zu akzeptieren, der nicht ihren persönlichen Wünschen entspricht. Das ist eine mehr als gefährliche Entwicklung, die an den Grundfesten der Demokratie rüttelt.
Man kann über das Wahlrecht ebenso diskutieren wie über Populismus und Beeinflussung der Wähler, aber am Ende muss das Ergebnis für alle verbindlich sein und die Minderheit muss der Mehrheit die Macht überlassen. Es besteht ohnehin die Möglichkeit, eine Regierung bei der nächsten Wahl wieder zu entfernen, wenn sie den Wünschen der Wähler nicht entspricht. Für die Dauer, für die sie gewählt wurde, gibt es aber kein Argument, dem Sieger die Gestaltungsmöglichkeiten zu nehmen.
Das ist letzten Endes auch eine Frage der Rechtsstaatlichkeit. Freie Wahlen sind das eine, es muss aber der Mehrheit auch möglich sein, Politik zu machen, für die sie gewählt worden ist. Vor diesem Hintergrund sollte man auch kritisch hinterfragen, welcher Protest gegen eine Regierung oder deren Programm noch rechtmäßig ist. Denn wenn unter dem Deckmantel der Demokratie und Meinungsfreiheit plötzlich alles erlaubt ist, hat man oft das Gefühl, der Schwanz wedelt mit dem Hund. Und auch das höhlt unsere Institutionen aus.
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