Buchenurwald im Lassingtal unter Naturschutz gestellt

Der Urwald bildet einen wichtigen Lebensraum für viele verschiedene Tier- und Pflanzenarten. Foto: Theo Kust

Grenzübergreifender Zusammenschluss: Das niederösterreichische Wildnisgebiet Dürrenstein wurde vergangene Woche um das 3500 Hektar große Lassingtal im Norden der Steiermark vergrößert.

Nach nahezu einem Jahrzehnt zäher Verhandlungen ist es gelungen, die Erweiterung des niederösterreichischen Wildnisgebietes Dürrenstein auf das in der Steiermark angrenzende Lassingtal umzusetzen. Der Grundsatzbeschluss dazu wurde bei der steirischen Landtagssitzung vergangene Woche Donnerstag getroffen und hat für bundesweites Furore gesorgt. Umweltministerin Leonore Gewessler bezeichnete diesen Schritt als wichtigen Moment für mehr Wildnis und unberührte Natur: „Das Lassingtal beherbergt den letzten Urwald Mitteleuropas, der sich seit der Eiszeit menschenfrei entfalten konnte. Wir haben das große Glück in Österreich solch unberührte Flecken Natur zu haben, die wir mit dieser Erweiterung des Wildnisgebietes erhalten können.“ Federführend für die Projektumsetzung ist Umweltlandesrätin Ursula Lackner: „Es ist eine einzigartige Chance für die ganze Region und den Naturschutz. Mit der Zusammenführung der beiden Gebiete entstehen neue Arbeitsplätze, ein zusätzliches Bildungsangebot für Schulen und eine größere Wertschätzung für Beherberger- und Gastronomiebetriebe.“ Schon jetzt gibt es große Pläne für die Zukunft. Fest steht, der Buchenurwald Lassingtal wird weiterhin unberührt bleiben. Projekte,  wie etwa ein Informationszentrum, Themenwege, ein Badeplatz, die Vernetzung von Wanderwegen und der Ausbau des touristischen Jahresprogramms sowie eine Erweiterung des Outdoorsportangebots, sollen ausschließlich am Rande des neuen Schutzgebietes umgesetzt werden.

Bundesforste mit im Boot

„Der Wald ist unsere wichtigste Klimaanlage und ein bedeutender Wirtschaftsfaktor. Es war viel Überzeugungsarbeit bei der Bevölkerung und den Menschen vor Ort nötig, um dieses Projekt umzusetzen“, sagt Eigentümervertreterin Bundesministerin Elisabeth Köstinger, die von einer „Herzensangelegenheit“ spricht: „Während andere viel über Naturschutz reden, haben wir es geschafft, ihn umzusetzen. Davon werden auch noch die nächsten Generationen profitieren.“ Mit einem Anteil von 80 Prozent sind die Österreichischen Bundesforste Haupteigentümer des neuen Schutzgebiets. Vorstand Rudolf Freidhager zeigt sich erfreut: „Sechs Jahre lang haben das Land Steiermark und die Bundesforste verhandelt. Doch wir haben es geschafft. Wer schon einmal einen Marathon gelaufen ist, der weiß, wie viele Glückshormone beim Queren der Ziellinie ausgeschüttet werden.“

Kein zweiter Urknall

Landesrat Johann Seitinger vergleicht die Erweiterung des Wildnisgebietes Dürrenstein mit dem berühmten Blick über den Tellerrand: „Die einen wollen zurück zum Urknall, die anderen beschäftigen sich mit einer nachhaltigen Zukunft. In der Steiermark wollen wir Letzteres tun. Naturschutz kann auch über die Landesgrenzen hinaus gelingen.“ Neben dem Profit für die Natur rechne er auch mit einem Profit für den Tourismus. Schließlich sei Naturtourismus in einer Zeit der Urbanisierung zu einer Cash-Cow geworden. Viele Städtebewohner würden vermehrt die Natur erleben und dort Kraft sammeln wollen, so Seitinger, der betont: „Es braucht zunehmend eine Lenkungsqualität der Besucher und eine dementsprechende Begleitung, um Bewusstsein und Verantwortung zu bilden, wenn wir die Natur durchschreiten und für uns nutzen.“

Großes Potenzial für Gemeinden

Das Lassingtal liegt in der Gemeinde Wildalpen. Bürgermeisterin Karin Gulas erwartet sich vom Zusammenschluss mit Dürrenstein eine Stärkung der Wirtschaft und des Tourismus, wie sie sagt. Auch Bernhard Moser, Bürgermeister von Landl, hat bereits Pläne: „Für die Bevölkerung wollen wir das Angebot von naturnahen Erholungsquellen verstärken und Qualitätstourismus fördern.“ Durch die steirische Erweiterung des Wildnisgebietes könnte auch der Natur- und Geopark Eisenwurzen zusätzlichen Aufwind bekommen: „Das Wildnisgebiet Lassingtal ist eine weitere besondere Auszeichnung für die einzigartige Natur im Bundesländerdreieck der Obersteiermark. Verbunden mit nachhaltiger Regionalentwicklung bieten sich großartige Möglichkeiten für die Steirische Eisenwurzen und darüber hinaus“, sagt Geschäftsführer Oliver Gulas.

Grüne gratulieren

Die Einigung auf das grenzüberschreitende „Wildnisgebiet“ Lassingtal stößt auch bei den steirischen Grünen auf große Freude: „Jahrelang haben wir dafür Landtagsinitiativen gestartet – sehr schön, dass es endlich klappt“, freut sich der Grüne Landtagsabgeordnete Lambert Schönleitner, der von einem echten „Meilenstein“ spricht: „Das jahrelange Draufbleiben zahlt sich aus“, so Schönleitner, der Klimaschutzministerin Gewessler und die Landesregierung für die Unterstützung lobt: „Der Schutz dieses Biodiversitätsjuwels ist wichtig für den Naturschutz und für die Forschung.“

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